Syrien: Moskau greift London an, Damaskus in Alarmbereitschaft

Gestrandete Syrer aus Ost-Ghouta in der Hauptstadt Damaskus.
Stimmung um Schlachtfeld Syrien zwischen Russland und Westen eskaliert: Moskau behauptet inszenierten Giftgasangriff Londons.

Nach der Drohung von US-Präsident Donald Trump mit einem Militärschlag stellt sich Syrien auf einen eventuellen Luftangriff ein. Aus regierungsnahen Kreisen hieß es, zahlreiche staatliche und militärische Einrichtungen in der Hauptstadt Damaskus seien in Alarmbereitschaft versetzt worden.

In vielen Behörden sei die Zahl der anwesenden Mitarbeiter verringert worden. Ein dpa-Reporter meldete, in den vergangenen Tagen habe der Verkehr auf den Straßen der Hauptstadt deutlich abgenommen.

Das Weiße Haus hatte am Donnerstag erklärt, eine Entscheidung über einen Militäreinsatz als Reaktion auf den mutmaßlichen Giftgasangriff der syrischen Regierung sei noch nicht gefallen. Zunächst sollten weitere Geheimdiensterkenntnisse ausgewertet werden. Ermittler der Organisation für ein Verbot der Chemiewaffen (OPCW) sollen ab Samstag in Syrien mit Untersuchungen beginnen.

Die russische Armee wirft Großbritannien unterdessen eine "direkte Beteiligung" an dem mutmaßlichen Giftgasangriff in Syrien vor. Sie habe "Beweise", die eine "direkte Beteiligung Großbritanniens an der Organisation dieser Provokation in Ost-Ghouta belegen", sagte der Sprecher der russischen Armee, Igor Konaschenkow, am Freitag in Moskau. Details nannte er nicht.

Moskau: London hinter inszeniertem Giftgasangriff

London habe bei der Inszenierung des mutmaßlichen Giftgasangriffs "starken Druck" auf die Zivilschutzorganisation der Weißhelme ausgeübt, sagte Konaschenkow. Zuvor hatte der russische Außenminister Sergej Lawrow mitgeteilt, es gebe Beweise, wonach der mutmaßliche Chemiewaffenangriff in Syrien mit Hilfe eines ausländischen Geheimdienstes inszeniert worden sei. "Wir haben unwiderlegbare Beweise dafür, dass dies ein weiterer inszenierter Vorfall war", sagte er. Der Geheimdienst eines "bestimmten Staates, der jetzt an vorderster Front einer antirussischen Kampagne" stehe, sei in die Inszenierung verwickelt, spielte Lawrow auf Großbritannien an. Die syrische Hilfsorganisation Weißhelme hatte im Kurznachrichtendienst Twitter mitgeteilt, mehr als 40 Menschen seien nach einem "Chlorgasangriff" am vergangenen Samstagabend getötet worden.

US-Vorwürfe

Die USA werfen Russland vor, den Einsatz von Chemiewaffen in Syrien erst möglich gemacht zu haben. "Wenn Russland seine Verpflichtungen erfüllt hätte, würde es heute keine Chemiewaffen in Syrien geben", sagte die amerikanische UNO-Botschafterin Nikki Haley in einer Sitzung des Sicherheitsrats am Freitag.

Russland habe sein Veto-Recht im Rat zwölf Mal genutzt, um die Regierung von Präsident Bashar al-Assad zu schützen - unter anderem, um Ermittlungen über Giftgasangriffen im Land zu stoppen.

Amerikanische Raketen noch nicht fix

In dem gefährlichen Säbelrasseln legten die USA am Freitagabend einmal mehr nach: Nach den Worten von Trumps Sprecherin Sarah Sanders sei man in höchstem Maße davon überzeugt, dass Syrien hinter der Giftgas-Attacke am vergangenen Wochenende steckt. Russlands Behauptung, der Anschlag sei - von den Briten - inszeniert worden, sei falsch.

Dennoch ist ein Raketenangriff der USA auf Syrien noch keine beschlossene Sache. Das Präsidialamt erklärte, dass noch keine Entscheidung gefällt worden sei. Trump war zuvor mit seinen Sicherheitsberatern zusammengekommen.

Lob für Trump

Assads Regierung habe nach Schätzungen der USA mindestens in 50 Fällen Chemiewaffen eingesetzt, sagte Haley. In anderen Schätzungen sei sogar von 200 Fällen die Rede. Sie sei "unfassbar stolz", dass US-Präsident Trump nach dem mutmaßlichen Giftgasangriff in Douma nicht voreilig einen Militärschlag gegen syrische Truppen angeordnet habe, sagte Haley vor der Sitzung. "Wenn man Entscheidungen wie diese überstürzt, macht man einen Fehler."

Ihrem russischen Amtskollegen warf Haley Lügen vor. "Russland kann sich so viel es will über 'Fake News' beschweren, aber niemand fällt auf dessen Lügen und Vertuschung herein", sagte Haley.

UNO-Generalsekretär: Lage gefährlich

UNO-Generalsekretär Antonio Guterres hatte zu Beginn der Ratssitzung von einem "Chaos im Nahen Osten" und einer Rückkehr des Kalten Krieges gesprochen. Ein erster Ermittlerteam der Organisation OPCW sei bereits in Syrien eingetroffen, um den Vorfall in Douma von vor einer Woche zu untersuchen. Das zweite Team werde am heutigen Freitag oder Samstag erwartet. "Aber wir müssen mehr tun" sagte Guterres.
 

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