Im Fall, der in Alabama vor dem höchsten Gericht landete, hatten drei Paare die Klinik verklagt, nachdem ein Behälter mit ihren eingefrorenen Embryonen durch die Unachtsamkeit eines Patienten umgefallen war.
Eine untere Gerichtsinstanz befand, dass die dabei zerstörten Embryonen nicht als Kinder zu betrachten seien. Die Klage wurde verworfen. Der Supreme Court berief sich nun auf ein 150 Jahre altes Gesetz zur fahrlässigen Tötung Minderjähriger. Darin sind alle Kinder, geborene wie ungeborene, gleichstellt.
Tom Parker, Vorsitzender des höchsten Gerichts, zitierte Bibelstellen bei der Urteilsverkündung: „Schon vor der Geburt haben alle menschlichen Wesen das Gesicht Gottes. Und ihr Leben kann nicht zerstört werden, ohne seine Herrlichkeit auszulöschen.“
„Familienfeindlich“
Die Universitätsklinik in Birmingham stoppte daraufhin sämtliche IVF-Behandlungen, aus Angst, dass „unsere Patienten und Ärzte für die Einhaltung medizinischer Standards juristisch verfolgt und mit Strafzahlungen belegt werden könnten“.
Reproduktionsmediziner rechnen damit, dass Paare, die auf IVF-Verfahren setzen, um Eltern zu werden, gezwungen sein werden, ihre Embryonen in andere Bundesstaaten transportieren zu lassen. Befürworter von In-vitro-Befruchtungen nennen das Urteil „familienfeindlich“.
Das Weiße Haus reagierte entsetzt und fürchtet Nachahmer in anderen republikanisch regierten Südstaaten, die bereits durch drakonische Strafen bei der Abtreibung aufgefallen sind. „Dieses Urteil wird exakt das Chaos auslösen, das wir erwartet haben, als das Oberste Gericht in Washington das bis dahin landesweit geltende Recht auf Abtreibung gekippt hat“, sagte Präsident Bidens Sprecherin Karine Jean-Pierre. Die republikanische Präsidentschaftskandidatin Nikki Haley stellt sich auf die Seite des Gerichts. „Für mich sind Embryonen Babys“, sagte Haley, die ihren Sohn durch IVF-Befruchtung bekommen hat.
Der Gesundheitsbehörde CDC zufolge kamen 2021 in den USA rund 92.000 Kinder durch künstliche Befruchtung zur Welt. In Alabama wurden in diesem Zeitraum 1.200 IVF-Behandlungen durchgeführt. In den USA gibt es in 49 von 50 Bundesstaaten (die Ausnahme ist Wyoming) rund 450 Kliniken für Reproduktionsmedizin.
Kommentare