Streitfall Maaßen: Ist die deutsche Koalition noch zu retten?

Die zweite Regierungskrise binnen kurzer Zeit soll dieses Wochenende gelöst werden. So stehen die Chancen.

Krisentelefonate auf allen Ebenen und zwischen Parteizentralen, so kann man sich das Wochenende einiger Politiker in Berlin vorstellen. Der Grund: Binnen weniger Monate steht die Große Koalition nach dem Migrationsstreit zum zweiten Mal am Abgrund.

Dahinter tobt eine Debatte über Vertrauen und Glaubwürdigkeit von Politik. Ausgelöst durch eine Personalfrage: Der umstrittene Verfassungsschutzchef Maaßen sollte gehen, wird nun aber befördert.

Notbremse

Es ist ein Kompromiss, der offenbarte, dass Kanzlerin Merkel, Innenminister Seehofer und SPD-Chefin Nahles um jeden Preis an dieser Regierung festhalten wollen. Das bescherte ihnen dermaßen heftige Kritik, dass die Notbremse gezogen wurde.

Die drei Parteichefs ringen an diesem Wochenende um eine neue Lösung im Fall Maaßen, gleichzeitig um das Bestehen der Koalition. Kann das noch gelingen?

Was alle drei von einem Bruch abhalten könnte, ist die Angst: Sollte die Koalition jetzt enden, würde niemand davon profitieren, außer die Rechtspopulisten, wie Umfragen zeigen.

In Bayern und Hessen wird demnächst gewählt, dort würde man die Koalitionsparteien abstrafen – was auch richtungsweisend für die Landtagswahlen 2019 wäre. Vor allem im Osten droht der CDU ein Debakel.

Kompromissbereite Kanzlerin

So lange sich keine der Parteien einen größeren Vorteil von Neuwahlen verspricht, wird man am Bündnis festhalten wollen. Vor allem die Kanzlerin wird dreizehn Jahre Amtszeit nicht wegen einer Personalfrage enden lassen wollen. Realistischer ist, dass sie für jeden Kompromiss zu haben ist, der ihre Kanzlerschaft sichert, bis sie selbst den geeigneten Zeitpunkt findet, um abzudanken.

Daran will auch CSU-Chef Seehofer nicht denken, der nicht mehr viel zu verlieren hat und dementsprechend agiert. Sein Verhältnis zu Kanzlerin Merkel ist zerrüttet, was jetzt auch die Suche nach einer Lösung erschwert. Doch ihn rauszuwerfen, wie es Teile der SPD jetzt fordern, würde eine weitere Krise provozieren. Und könnte von Merkels internen Gegnern genutzt werden, um Stimmung zu machen. Denn die Loyalität zu ihr und dieser Koalition schwindet. „Die Bürger fragen zu Recht, ob wir in Berlin alle verrückt geworden sind“, kritisiert etwa CDU-Politiker Carsten Linnemann im Spiegel.

Mit dieser Frage sind auch SPD-Politiker konfrontiert: Denn ein Festhalten an der Koalition bedeutet auch, weiter mit einem alten Dilemma zu leben: Die SPD hat bisher einiges erreicht, wie etwa das Kita-Gesetz (keine Gebühren für einkommensschwache Familien), doch mitbekommen hat das kaum jemand. Dementsprechend wird es schwierig, der Basis weiter zu erklären, warum die Sozialdemokraten noch weiter mitregieren sollen. Die Situation ist als vertrackt.

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