Spitzel: Erdogans langer Arm in Österreich

Spitzel: Erdogans langer Arm in Österreich
Türkische Vereine sollen politisch verdächtige Landsleute im Ausland bespitzeln. Die dementieren.

In der Moschee, auf dem Markt oder sogar beim Friseur: Wo Österreichs Türken sich treffen, hören türkische Behörden quasi mit. Zumindest sieht das Peter Pilz so, der die Aktivitäten türkischer Vereine in Österreich seit vielen Jahren beobachtet. Der Gründer der Liste "Jetzt" sieht hinter kulturellen und religiösen Vereinen wie ATIB oder Milli Görüs ein "ausgefeiltes Spitzelsystem", mit dem die eigenen Landsleute in Österreich ausspioniert würden.

 

Pilz beruft sich dabei unter anderem auf interne Akten der türkischen Botschaft in Wien. Diese würde von den Vereinen mit den Informationen versorgt und könne so regelrecht Listen über Landsleute erstellen, die politisch nicht auf Linie mit der Regierung in Ankara seien, oder Kontakte zu kurdischen Vereinen in Österreich hätten. Diese Listen lägen dann im Innenministerium in Ankara und natürlich an den Flughäfen auf. Pilz: "Die Festnahmen der letzten Zeit fanden schon vor der Passkontrolle statt. Die Behörden haben schon im Flieger gecheckt, wer da kommt." Er, so Pilz, habe die österreichischen Regierung schon vor Jahren auf diese Missstände aufmerksam gemacht: Nichts sei passiert.

Spitzel: Erdogans langer Arm in Österreich

Pilz wirft türkischen Vereinen vor, Informationen für Ankara zu beschaffen

Laut Berivan Aslan reicht es schon, einmal bei einem Sonntagsfrühstück in einem alawitischen oder kurdischen Verein vorbeizuschauen, um auf der Liste zu landen. Sie spricht von einer massiven Abschreckungspolitik.

Spitzel: Erdogans langer Arm in Österreich

Einmal Frühstück mit Kurden genügt: Die ehemalige grüne Abgeordnete Berivan Aslan

Denn mitunter lande wegen einer Person eine ganze Familie auf der Liste. Und auf der zu stehen bedeute, dass der Kontakt zu Angehörigen in der Türkei praktisch abbreche. Denn Besuche seien damit unmöglich, die Kommunikation über Telefon werde überwacht. "Man spricht dann eben nicht über Politik oder heikle Themen sondern über Äpfel und Birnen." Die Ironie an der Sache, so Aslan: Die Regierungen europäischer Staaten wüssten seit geraumer Zeit von diesen Praktiken, die in ganz Europa ausgeübt würden. Dagegen getan habe niemand etwas.

ATIP zeigt sich über Pilz’ "haltlose Anschuldigungen" empört. Man sei unpolitisch und neutral und kümmere sich nur darum, Moslems in Österreich bei der Ausübung ihres Glaubens zu unterstützen.

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