Spanier in Österreich in Sorge um seine Mutter in Barcelona

Der Spanier Lucas mit seiner österreichischen Freundin Angelika Rieger
Der 39-Jährige meint, Österreich gehe mit Krise besser um als sein Heimatland, in dem nun Bier und Tequila knapp werden.

In seiner sozialen Isolation in Wien hat Antonio Najas Lucas täglich einen Fixtermin: die Nachrichten des staatlichen spanischen TV-Senders TVE um 21 Uhr. „Meine Mutter und meine Geschwister leben in Barcelona, und ich bin in großer Sorge um sie. Ich will wissen, was da in meiner Heimat los ist“, sagt der 39-Jährige, der vor drei Jahren zu seiner Freundin Angelika Rieger, 36, in die Bundeshauptstadt zog.

Schlechtes Gesundheitssystem

Seinen Angehörigen und Freunden gehe es gut, betont der Spanier. Allerdings gehöre seine Mutter mit 70 Jahren zur Corona-Risikogruppe, sein Bruder ebenso, weil er Diabetiker ist. „Zwei- bis dreimal pro Woche telefoniere ich mit meiner Mutter und rate ihr, so selten wie möglich die Wohnung zu verlassen.“ Dennoch erledige sie ein- bis zweimal pro Woche die Einkäufe – für sich selbst, aber auch als Freiwillige für andere ältere Menschen.

Sorge bereitet Najas Lucas auch der schlechte Zustand des spanischen Gesundheitssystems, das unter den Einschnitten nach der Finanzkrise 2008 leide: „Ich denke nicht, dass meine Angehörigen gut versorgt wären. Und ich könnte nichts tun, weil ich ja in Wien sitze.“

Spanier in Österreich in Sorge um seine Mutter in Barcelona

Die Flaniermeilen Barcelonas, wie hier die Ramblas, sind menschenleer

Auch wie in Spanien Behörden und Medien in der Corona-Krise agieren, sieht der 39-Jährige kritisch. „Die Verantwortlichen konzentrieren sich nur auf das Negative, täglich heißt es: ‚Heute ist ein schlimmer Tag, morgen wird es noch schlimmer.‘ In Österreich wird sachlicher berichtet, mit dem Appell ‚Wir schaffen das‘“, meint der Spanier, der täglich um 22 Uhr zur ZIB2 umschaltet.

„Sie werden verrückt“

Playstation und Netflix – das sei jetzt das Leben seiner Freunde in Spanien. „Sie sind es nicht gewohnt, zu Hause zu bleiben, sie werden verrückt“, sagt Najas Lucas mit einem Augenzwinkern. Auch er ist momentan nur daheim, da er als Bühnenarbeiter für Events seinen Job verloren hat. Für ihn sei die Ausgangsbeschränkung in Wien kein Problem, „im Winter bin ich sowieso lieber in Quarantäne, weil es so kalt ist“, scherzt er.

Heimflug musste verschoben werden

In Spanien hingegen seien die Wohnungen oft klein und überbelegt: „Da ist man meist nur zum Schlafen daheim“, beschreibt Najas Lucas. Um sich die Zeit zu vertreiben, hätten seine Landsleute aber vorgesorgt: Schokolade, Bier, Tequila und Wodka seien mittlerweile Mangelwaren, berichten seine Freunde.

Eigentlich wollte Najas Lucas Ende März nach Barcelona fliegen. Das musste er auf unbestimmte Zeit verschieben. Wann er seine Mutter wieder in den Arm nehmen kann, ist ungewiss.

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