Spanien: Corona-Krise spaltet ein chronisch zerstrittenes Land

Einsatz des Militärs in einem Altenheim in Madrid
In Spanien eskaliert die Krise inzwischen schneller als in Italien. Doch die Politik arbeitet wie immer gegen- statt miteinander

Einheit beschwört Premierminister Pedro Sanchez in jeder seiner TV-Ansprachen, um Einheit hatte König Felipe persönlich seine Landsleute gebeten. Doch Einheit, also die Zusammenarbeit aller Regionen mit der Zentralregierung in Madrid, die ist in Spanien traditionell brüchig - und in der Corona-Krise werden die Gräben immer tiefer. Denn während die Pandemie inzwischen schneller wächst als überal anderswo in Europa, widersetzt sich Provinz für Provinz den Anweisungen aus Madrid und kocht ihr eigenes Süppchen. Vor allem die von Konserativen regierten Regionen nützen jede Gelegenheit um Sanchez' sozialistische Zentralregierung auszubremsen. 

Öffentliche Schuldzuweisungen

Schutzmaterial wie Masken etwa werden von den Regionalregierungen auf eigene Faust im Ausland im Ausland bestellt, ohne Rücksicht auf die Planungen in Madrid.  Dazu beschweren sich die regionalen Politiker öffentlich und lautstark über die Unfähigkeit der Zentralregierung

Vor einer Woche einigten sich noch alle 17 Regionalregierungen darauf, den Anweisungen aus Madrid zu folgen. Im Kampf gegen die Epidemie sollten zudem regionale Kompetenzen an die spanischen Ministerien für Gesundheit, Inneres und Verteidigung übertragen werden, um die Maßnahmen zentral zu koordinieren. Doch am Montag musste Sanchez, Murcias konservativen Regierungschef Fernando López Miras explizit untersagen, die Regeln der landesweiten Ausgehsperre eigenmächtig zu verändern. López Miras hatte am Sonntag angeordnet, die Bewegungsfreiheit noch stärker einzuschränken, um die Verbreitung des Coronavirus zu stoppen.  

Barcelona auf Angriffskurs

Wenig überraschend fährt auch die Regionalregierung in Katalonien stur ihren eigenen Kurs. Der Konflikt zwischen der Zentralregierung in Madrid und der separatistischen Regionalregierung in Barcelona kocht ja ohnehin bei jeder Gelegenheit hoch. Der dortige Regierungschef Quim Torra, ein überzeugter Separatist, will Katalonien vom Rest Spaniens abriegeln und auch sonst in der Corona-Krise seinen eigenen Weg gehen. So besteht Torres auf drastische Maßnahmen wie etwa die totale Sperre von Häfen, Flughäfen und sogar Autobahnen.

In Madrid versucht die  Regierung den offenen Konflikt mit Barcelona zu vermeiden und reagiert auf das forsche Vorgehen der Katalanen betont zurückhaltend. Doch das stachelt Torra zu noch offenerer Konfrontation an. Er habe "immer noch keine Antwort aus Madrid" erhalten erklärte der katalanische Regierungschef am Freitag in seiner Fernsehansprache. Torra richtet sich außerdem schriftlich direkt an Spitzenvertreter der EU-Behörden wie etwa Ursula von der Leyen und beklagt sich über die schlechte Behandlung und Vernachlässigung durch Madrid.

Töpfe gegen den König

Wie aufgeheizt die Stimmung unter den Spanien-Gegnern in Barcelona inzwischen ist, machte sich bei der Ansprache von König Felipe vor einigen Tagen bemerkbar. Während der Monarch seine Landsleute im TV bat, zusammenzuhalten gingen ganze Stadtviertel in Barcelona aber auch andere Orte in Katalonien im Lärm unter.

Spanien: Corona-Krise spaltet ein chronisch zerstrittenes Land

Töpfeschlagen auf den Balkonen in Barcelona als Protest gegen den König

 

Separatisten-Gruppen hatten die Bevölkerung aufgerufen, während der Rede des Königs auf dem Balkon, oder am offenen Fenster auf Töpfe und Pfannen zu schlagen und diesen so zu übertönen. Dazu skandierten viele Parolen "Schluss mit der Krone (spanisch "Corona"). Das Ergebnis war ohrenbetäubend. 

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