Die Nachricht aus London vom Wochenende hat die letzten Hoffnungen auf eine auch nur einigermaßen glimpflich ablaufende Sommersaison endgültig zunichte gemacht: zwei Wochen Quarantäne für alle Briten, die aus Spanien heimkehren. Das hat die Ferienflieger aus Großbritannien, die sonst im Minutentakt zwischen Mallorca und den Kanaren eintreffen, im Handumdrehen geleert. Mit fast zwei Millionen Briten hat man in Spanien bis Ende August gerechnet. Nicht einmal ein Bruchteil wird jetzt noch erwartet.
Entsprechend empört reagierte die Regierung in Madrid auf die rigorosen Maßnahmen in London. Es sei unpassend, mit solcher Härte vorzugehen, meinte Premier Pedro Sanchez. Gerade in Tourismusregionen im Süden sei die Pandemie weitgehend unter Kontrolle.
Nicht so rigoros wollte Deutschland, das zweitwichtigste Land für Spaniens Tourismus, vorgehen. Berlin vermeidet vorerst Quarantäne und warnt nur vor Reisen in den Norden Spaniens, also nach Barcelona und die Strände der Costa Brava. Für Zehntausende deutsche Urlauber genügt, das, um auf den Spanien-Urlaub für heuer zu verzichten. Die Auswirkungen auf die ohnehin schwer angeschlagene Wirtschaft sind katastrophal. Eine Million Jobs sind allein in den vergangenen drei Monaten in Spanien verloren gegangen, der größte Teil davon im Tourismus.
Ähnlich dramatisch entwickeln sich die Zahlen der Corona-Infektionen. Spanien, das im Frühjahr zu den am schwersten getroffenen Ländern Europas zählte, bekam die Epidemie mit rigorosen Maßnahmen einigermaßen im Griff. Nun aber, nachdem diese Maßnahmen gelockert wurden, wird das Land von einer zweiten Welle überrollt. In den Brennpunkten der Epidemie wie Katalonien oder Madrid hat man allein in der vergangenen Woche einen Anstieg von mehreren Hundert Prozent registriert.
"Wie sollen wir das Jahr überstehen?"
Dazu kommt, dass die in Spanien traditionell große Eigenständigkeit der Regionen einen Fleckerlteppich an oft widersprüchlichen Strategien im Kampf gegen das Virus produziert hat – begleitet von kleinlichem Streit zwischen Madrid und den regionalen Behörden.
Vertrauen in die spanische Politik im Rest Europas, das der Tourismus so dringend gebraucht hätte, hat man so jedenfalls nicht geschaffen. Touristen, lautet das bittere Resümee auf den Kanaren, würden eben Sicherheit schätzen – und die habe man nicht vermitteln können. „Ohne die Briten“ schildert ein Kellner die Aussichten für sich und seine Kollegen, „wissen wir nicht, wie wir dieses Jahr überstehen sollen.“
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