Fall Kashoggi: Skepsis nach jüngster Saudi-Volte

Geständnis soll saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman aus Schusslinie bringen
Riad gibt zu, dass der regimekritische Journalist bei Faustkampf mit Agenten in Istanbul gestorben ist.

„Zu sagen, dass ich skeptisch bin bezüglich der neusten saudischen Geschichte über Herrn Kashoggi ist ein Understatement. Es ist schwer, die letzte ,Erklärung’ als glaubwürdig zu bezeichnen.“ Für den republikanischen US-Senator Lindsey Graham reicht die Erklärung aus Riad über das Verschwinden und die Tötung des regimekritischen Journalisten bei weitem nicht aus. So wie er fordern viele, darunter auch Österreichs Außenministerin Karin Kneissl, eine „glaubwürdige und unabhängige Untersuchung“.

Rückblende: Nach zwei Wochen des Leugnens und Herumlavierens gestand das saudische Königshaus in der Nacht zum Samstag ein, dass Jamal Kashoggi am 2. Oktober im Konsulat in Istanbul getötet worden sei. In der Vertretung, in der der 59-Jährige Papiere abholen wollte, um seine Verlobte Hatice Cengiz heiraten zu können, sei es zu einem Faustkampf gekommen – zwischen dem Medienmann und einem 15-köpfigen saudischen Agententeam, das entsandt worden sei, um Kashoggi lebend in die Heimat zu bringen (aus Furcht lebte er in den USA im Exil).

Wo sich die Leiche befinde, so ein Offizier des Wüstenstaates zur New York Times, wisse man aber nicht, da sich ein lokaler Mitarbeiter um die Beseitigung derselben gekümmert habe. Laut türkischen Quellen ist die Leiche im Konsulat zerstückelt und in Koffern verpackt nach Saudia-Arabien geflogen worden.

Trump glaubt den Saudis

US-Präsident Donald Trump betonte jedenfalls, dass er noch „einige Fragen“ habe, weswegen er mit Kronprinz Mohammed bin Salman, 33, telefonieren wolle. Allerdings seien die jüngsten Meldungen aus Riad „glaubwürdig“ und bedeuteten einen „großen ersten Schritt“. An eine Sistierung der bestehenden 450-Milliarden-Dollar-Deals (darunter ein 110 Milliarden Dollar schweres Rüstungspaket) denkt der amerikanische Staatschef nicht. Allerdings gibt es immer mehr Kongress-Abgeordnete, die genau das fordern.

Denn viele halten die jetzige Volte Saudi-Arabiens bloß für ein Ablenkungsmanöver, um den Kronprinzen – der eigentlich starke Mann des Landes lässt keinerlei Kritik an ihm zu – aus der Schusslinie zu bringen. Gegen 18 Verdächtige in dem Fall wird nun ermittelt, sie sollen gleichsam als Sündenböcke fungieren.

In dieser Gruppe befinden sich auch zwei Personen aus dem engsten Umfeld von MbS, wie der Königsspross genannt wird: Da ist zum einen der Vizechef des saudischen Geheimdienstes Ahmed al-Assiri, der die Operation organisiert haben soll, und Saud al-Qahtani. Letzterer ist seit 2015 Berater am Hof (jetzt wurde er in dieser Funktion gefeuert) und wird wegen seiner hetzerischen Postings „Steve Bannon von Saudi-Arabien“ genannt. Er soll von der Kashoggi-Aktion gewusst und mit seinen Tweeds „zu einer aggressiven Umgebung“ beigetragen haben, wie die New York Times schreibt. MbS habe von all dem nichts gewusst.

Debatte um Saudi-Zentrum in Wien

Neos und Liste Pilz schießen sich indes auf das von Riad finanzierte Zentrum für interkulturellen Dialog in Wien ein. Es habe sich nie zu Menschenrechtsverletzungen im Königreich geäußert und auch jetzt nicht im Fall Kashoggi. Karin Kneissl sagte, sie könne die Kritik verstehen. Sie lasse gerade die Rechtslage bezüglich des KAICIID prüfen.

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