Signal-Skandal von Vance und Co.: Donald Trump attackiert Medium

JD Vance, Pete Hegseth und Mike Waltz in für sie besseren Zeiten
Die US-Verachtung für die EU ist nicht neu - bereits vor elf Jahren hatte eine Obama-nahe Diplomatin deutlich härtere Worte gefunden.

Nach der Beispiellosen „Signal-Panne“, in der der Nationale Sicherheitsberater Donald Trumps neben hochrangigen US-Entscheidungsträgern wie Vizepräsident JD Vance oder Pete Hegseth auch den The Atlantic-Journalisten Jeffrey Goldberg einer Chatgruppe zur Koordination eines Angriffs auf die jemenitischen Houthis hinzugefügt hatte, bemühen sich das Weiße Haus und die Beteiligten um Schadensbegrenzung. 

Präsident Donald Trump wies die Vorwürfe gegen sein Team zurück und nahm insbesondere seinen Nationalen Sicherheitsberater, Mike Waltz, in Schutz. Trump attackierte stattdessen den Journalisten des US-Magazins The Atlantic, der das Sicherheitsversagen offengelegt hatte. Trump argumentierte zudem, es seien in der Gruppe überhaupt keine geheimen Informationen ausgetauscht worden.

Der Vorfall schlägt Wellen, einen vergleichbaren Skandal gab es noch nie. Doch was sind – neben aller Peinlichkeit – die Erkenntnisse aus der von Goldberg veröffentlichten Konversation?

Die US-Regierungen verachten Europa nicht erst seit Trump und Vance

„Fuck the EU.” So deftig hatte sich JD Vance im Signal-Chat nicht über die Europäische Union geäußert, aus seiner Verachtung für deren Schwäche jedoch kein Hehl gemacht: „Ich hasse es nur, Europa wieder aus der Patsche zu helfen“, schrieb er – unter Beipflichtung von US-Verteidigungsminister Pete Hegseth: „Ich teile deine Abscheu für Europas Schmarotzen. Es ist ERBÄRMLICH“.

Konkret ging es darum, ob Washington die jemenitischen Houthis bombardieren – und in weiterer Folge irgendwann das Rote Meer wieder sicherer für die Schifffahrt machen solle, oder nicht. 

Drei Prozent des US-Handels gingen durch den Suezkanal, der Anteil des europäischen Handels liege bei 40 Prozent. Dass Washington die EU nicht erst seit Donald Trump als schwach, schwerfällig und nicht verteidigungsfähig ansieht, belegte die demokratische US-Diplomatin Victoria Nuland bereits vor elf Jahren wortgewaltig: „Fuck the EU“, sagte sie in einem Telefongespräch mit dem US-Botschafter in der Ukraine, Geoffrey Pyatt, als es um die künftige Führung der Ukraine ging.

Donald Trump holt zum Gegenschlag aus

Trump wischte all das beiseite, spielte die Panne herunter und ging stattdessen zum Gegenangriff über. Das Atlantic-Magazin sei ein gescheitertes Medium und der betreffende Journalist ein "Widerling", der "schlecht für das Land" sei, schimpfte der Präsident. Signal wiederum sei eine App, "die viele Leute benutzen" und die Vorwürfe gegen Waltz seien ungerecht. "Er ist ein sehr guter Mann, und er wird weiterhin gute Arbeit leisten."

Wenige Monate zuvor war bekannt geworden, dass die NSA viele europäische Spitzenpolitiker, darunter auch gezielt die damalige deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, überwacht und belauscht hatte. Die Reaktionen fielen damals verhalten aus, man stehe zu den Partnern, auch wenn die Praktiken und die Äußerung „unakzeptabel“ seien. Die bereits damals bestehenden Forderungen von dem damals amtierenden US-Präsident Barack Obama, die EU-NATO-Staaten sollten mehr für ihre Verteidigung ausgeben, wurden von der EU bis heute weitgehend ignoriert.

Das Signal ist mehr wert als die Sache

Es besteht ein echtes Risiko, dass die Öffentlichkeit nicht versteht, warum dies notwendig ist“, begründete Vance seine Zweifel an einem baldigen Bombardement der Houthis. Es gehe darum, eine Botschaft zu senden. 

Hegseth pflichtete ihm bei – die Vermittlung von Botschaften sei schwierig, da „niemand weiß, wer die Houthis sind“. Man müsse sich darauf konzentrieren, dass Ex-US-Präsident Joe Biden mit seinen Bombardements der Houthis gescheitert sei und dass die Houthis vom Iran finanziert sei. Genau Letzteres war die Grundbotschaft der US-Regierung – nachdem das US-Bombardement 53 Menschen getötet hatte.

Von Bombardements bis Staatsbesuche, neuen Steuern oder neuen Zöllen – überall auf der Welt müssen die Stäbe hochrangiger Politiker ihren Wählern kommunizieren, warum sie was tun. Dennoch sind die Einblicke ein schauriger Beweis dafür, wie Machtpolitik funktioniert. Das Abwiegen von Umfragewerten gegen Menschenleben. Dennoch kein Alleinstellungsmerkmal der Trump-Republikaner.

Politische Kommunikation über Chats muss nicht sein

Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Signal-Panne personelle Konsequenzen nach sich ziehen wird – und es wäre nicht der erste Skandal im Zusammenhang mit Chats, der die Regierung eines Landes in Schwierigkeiten bringt. Dass dennoch die mächtigsten Männer der Welt eine Nachrichten-App wie Signal zur Kommunikation über geheime Militärpläne nutzen, ist mehr als verwunderlich. 

Dieser Leichtsinn könnte potenziell gegen nationale Sicherheitsgesetze und den Federal Records Act verstoßen. Ob es tatsächlich Konsequenzen geben wird, hängt dennoch von Trumps Laune ab. 

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