Bilder von Schweden vermitteln Normalität – Masken erscheinen kaum im Straßenbild, die Geschäfte und Restaurants sind offen, kaum etwas scheint verboten. Dem Virus kann man auch im skandinavischen Königreich nicht entkommen, wohl aber den harten Maßnahmen.
Darum zieht es einige junge Europäer dorthin, darum verweisen weltweit Coronaskeptiker auf den Norden, wo es doch auch ohne Lockdown im Frühjahr gut gelaufen sei. Ein Sehnsuchtsort.
Wirtschaft brach weniger ein
Mit dem Hinweis auf die Wirtschaft stimmt dies auch – es wird ein Verlust von 3,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für 2020 im Vergleich zum Vorjahr berechnet, schließlich mussten die Geschäfte bisher nie schließen, in Österreich sind es 7,4 Prozent. Allerdings ist in Schweden die Arbeitslosenquote 2020 um zwei Prozentpunkte auf neun Prozent angewachsen.
Doch auch Dänemark kommt auf „nur“ knapp vier Prozent des BIPs und Norwegen, außerhalb der EU, liegt bei zwei Prozent Verlust. Diese Länder entschieden sich aber im März nach dem ersten Todesfall die Gesellschaft konsequent abzuriegeln.
Hohe Sterberate
Verglichen mit den Nachbarn sticht jedoch die Todesrate hervor: 12.428 Personen starben in Schweden mit zehn Millionen Einwohnern an oder mit Covid-19, vor allem in den Pflegeheimen wütete das Virus. In Norwegen, wo die Bevölkerung knapp halb so groß ist, sind es gerade 592 Tote, bei denen SARS-CoV-2 nachgewiesen wurden.
Dabei hatte der einflussreiche Staatsepidemiologe Anders Tegnell, Kopf des Sonderwegs, im Frühjahr eine „Zweite Welle“ für die „Lockdown-Nachbarn“ prophezeit und sie für Schweden aufgrund einer kontrollierten Infizierung der jungen Bevölkerung ausgeschlossen. Als jedoch Ende Oktober die Zahlen in Schweden nach oben gingen, wusste er keine Erklärung dafür. Der sozialdemokratische Regierungschef Stefan Löfven agiert seitdem unabhängiger von dem Mediziner.
Am Freitag vermeldete das Gesundheitsamt 58 Tote mit Covid-19 und 3.834 neue Fälle innerhalb von 24 Stunden. Ein Rückgang – Ende Dezember wurden an einigen Tagen drei Mal mehr Fälle täglich festgestellt.
Kein Alkohol nach 20 Uhr
Die rot-grüne Minderheitsregierung hat bereits einige Restriktionen verordnet – so sind Versammlungen von mehr als acht Personen verboten – Theater und Kinos mussten schließen. Die Alkoholausschank ist nur bis 20 Uhr erlaubt, kein Grund also für Party-People nach Schweden zu pilgern.
Mittels eines im Jänner verabschiedeten „Pandemiegesetzes“ können Geschäfte, Fitnessstudios und Restaurants geschlossen werden, kürzlich wurde die Anzahl der Fahrgäste für Züge und Fernbusse reglementiert.
Einreisen darf als Nicht-Schwede seit Februar nur noch, wer einen aktuellen negativen Corona-Test vorweisen kann, die Grenze nach Norwegen wird durch das Militär gesichert.
Es bleibt jedoch Spielraum. Weiterhin setzt die Regierung im Verbund mit dem Gesundheitsamt auf Empfehlungen und nicht auf Verbote. So kann eine Schulleitung in Schweden selbst entscheiden, ob sie schließt; das Homeoffice ist nicht verbindlich, sondern angeraten.
Der bürgerlichen Opposition ist dies zu wenig. Und auch die Wirtschaftsvertreter sind beunruhigt – sollte Schweden aufgrund der Lieferschwierigkeiten von Astra Zeneca mit der Impfung einen Monat verlieren, würde dies die Volkswirtschaft 2,5 Milliarden Euro kosten, so eine Berechnung der Reichsbank.
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