Sánchez und Iglesias: Der Poker der Alphamänner um die Macht

Sánchez und Iglesias: Der Poker der Alphamänner um die Macht
Warum das polarisierte Spanien keine Regierung auf die Beine bringt – Neuwahlen drohen.

Eine „Barriere des Misstrauens“ sei einst zwischen ihm und Pablo Iglesias gelegen. So hatte es Pedro Sánchez in seiner Autobiografie Anfang des Jahres selbst ausgedrückt. Die beiden Idealisten hatten sich in den vergangenen Jahren angenähert, doch ganz überwinden konnten sie diese Barriere offenbar noch nicht.

Am Donnerstag ist Pedro Sánchez im zweiten Anlauf zur Regierungsbildung im Parlament gescheitert. Der Grund: Er konnte die 42 Abgeordneten der Podemos, mit der seine Sozialisten eine Koalition eingehen wollen, nicht überzeugen, für sein Vorhaben zu stimmen.

Nach links orientiert

Sánchez ist ein Idealist. Mehrmals hatte er bereits bewiesen – in der Kommunalpolitik, in der spanischen Politik, aber auch in Brüssel – dass er allen Widerständen zum Trotz an seiner Linie festzuhalten weiß. Nach den vorgezogenen Parlamentswahlen im April war das ähnlich: Für Aufsehen hatte vor allem das Wahlergebnis der neuen Rechtspartei Vox gesorgt, die vor dem Hintergrund der liberalen spanischen Migrationspolitik aus dem Stand zehn Prozent erzielte – doch den Sozialdemokraten Pedro Sánchez zog es weiter nach links. Der Ministerpräsident, dessen Sozialisten dazugewonnen, aber mit 29 Prozent eine regierungsfähige Mehrheit verpasst hatten, versuchte es mit der linken Podemos.

Aber es stellte sich heraus, dass die frühere Protestbewegung Podemos (UP) nicht so einfach zu haben ist. Das lag vor allem an dem streitbaren Parteigründer Pablo Iglesias, der die Protestbewegung in den vergangenen Jahren von der Straße ins Parlament manövriert hatte.

"Ich würde mir den Pferdeschwanz abschneiden"

„Ich würde mir sogar meinen Pferdeschwanz abschneiden“, hatte Iglesias einmal gesagt, um seine Kompromissbereitschaft gegenüber Sánchez zu untermauern. Der amtierende Ministerpräsident auf der anderen Seite bewege sich zu wenig. So hatte Sánchez dem Befürworter der Unabhängigkeit Kataloniens sogar verboten, in einer möglichen Regierung ein Ministeramt zu bekleiden. Das von Sánchez in seinem Buch angesprochene Misstrauen war offenbar immer noch zu groß, immerhin gilt der Politikwissenschaftler Iglesias nicht nur durch seine guten Kontakte zu der umstrittenen venezolanischen Regierung für manche als rotes Tuch. Auch der Kauf eines Luxusanwesens hatte den Linkspolitiker in Erklärungsnot gebracht – nicht zuletzt innerhalb der eigenen Partei.

„Nicht nur Dekoration“

Iglesias hätte dem Verzicht auf ein Ministeramt zugestimmt – und stattdessen seine Partnerin Irene Montero, Nummer Zwei der Partei, ins Spiel gebracht.

Die Verteilung der Ministerien stellte bis zuletzt ein unüberwindbares Hindernis dar. Die Podemos wollen zumindest vier davon, und nicht nur „symbolische“ Dossiers. Zentraler Streitpunkt soll das Arbeitsministerium sein, doch das will die PSOE nicht hergeben und boten stattdessen Ressorts wie Sport und Tourismus. Man wolle keine „Dekoration“ sein, hat Iglesias gesagt. Sondern „ernsthaft mitbestimmen“.

Bringt Pedro Sánchez bis 24. September keine Regierung zustande, muss König Felipe VI. eine neue vorgezogene Parlamentswahl ansetzen. Das käme dem Sozialisten-Chef rein rechnerisch gar nicht ungelegen: Prognosen sagen seiner PSOE dann statt 29 schon 39 Prozent voraus – wohl auf Kosten der Podemos. Doch das Gezerre um die Koalition macht kein gutes Bild. Selbst aus eigenen Reihen heißt es hinter vorgehaltener Hand, sein Poker in den vergangenen Tagen sei „unverantwortlich“ gewesen.

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