Spanien: Viele Partner, keiner einfach

Spanien nach den Wahlen: Sozialistenchef Sanchez muss auf dem Weg zur Regierung taktieren

Die feiernden Fans vor der Parteizentrale in Madrid waren mehr als deutlich. „Nicht mit Rivera“, skandierten sie so laut, dass der Chef die Botschaft nicht überhören konnte: Albert Rivera, Chef der rechtsliberalen Partei Ciudadanos, kommt für sie als Koalitionspartner nicht infrage. Doch Pedro Sanchez lässt sich vorerst lieber alle Möglichkeiten offen. Man werde niemanden ausgrenzen, teilte er vom Balkon den Genossen mit, „die Verfassung und Fortschritte bei der sozialen Gerechtigkeit“, das seien die Grundbedingungen für eine neue Regierung mit den Sozialisten. Dass die Spaniens nächste Regierung anführen werden, das ist nach dem fulminanten Wahlsieg von Sanchez und seiner PSOE wohl sicher. Immerhin liegt man mit fast 29 Prozent der Stimmen zwölf Prozentpunkte vor der Volkspartei, dem traditionellen Gegenspieler um die politische Führung in Spanien. Doch die ist nach dem Wahldebakel fürs erste abgemeldet. Auch die vor der Wahl zum Schreckgespenst stilisierten Rechtspopulisten von Vox haben mit gerade einmal zehn Prozent eher bescheiden abgeschnitten.

Spanien: Viele Partner, keiner einfach

Keine Verhandlungen

Sanchez hat also freie Hand für eine Regierungsbildung und viele Möglichkeiten. Einfach aber wird keine davon. Die Ciudadanos etwa hatten schon vor den Wahlen ausgeschlossen, mit der PSOE ein Bündnis einzugehen – und zementierten diese Haltung sofort nach den Wahlen erneut ein. Man sei angetreten, um Typen wie Sanchez aus der Politik zu befördern, erklärte Parteichef Rivera, und seine rechte Hand, Ines Arrimadas, Parteichefin in Katalanin, schloss auch gleich jegliche Verhandlungen mit den Sozialisten aus. Ob dieser eisenharte Standpunkt tatsächlich die nächsten Wochen übersteht, bleibt abzuwarten. Schließlich hätte eine Koalition aus PSOE und Ciudadanos eine klare Mehrheit im Parlament in Madrid.

Mit dem politisch nächstliegenden Bündnispartner geht sich das nicht aus. Um mit der linken Podemos mit Parteichef Pablo Iglesias eine Regierung zu bilden, bräuchte man noch die Unterstützung mehrerer Kleinparteien. Den Preis dafür könnten einige von ihnen ziemlich hoch ansetzen. Iglesias jedenfalls zeigt deutliches Interesse an einer Regierungsbeteiligung: „Für eine linke Regierung sind wir unverzichtbar“.

„Haben keine Eile“

So unverzichtbar wie sie gerne wären, sind Podemos für die Sozialisten nicht. Immerhin haben die ein Jahr als Minderheitsregierung hinter sich. Jetzt, politisch enorm gestärkt, fasst man auch diese Möglichkeit ins Auge. Eine neuerliche Minderheitsregierung sei keinesfalls ausgeschlossen, teilen mehrere führende Vertreter der Partei in Interviews mit. Man könne dann, abhängig vom jeweiligen politischen Vorhaben, Bündnisse schließen.

Vor allem aber, betont, etwa Parteipräsidentin Cristina Narbona, habe man „keine Eile“. In einem Monat stehen in Spanien – parallel zu den EU-Wahlen – Regionalwahlen an. Und bei denen will die derzeit sehr selbstbewusste PSOE keine Wähler mit voreilig geschlossenen Bündnissen vergraulen. Also wird man sich voraussichtlich Zeit lassen und erst nach den nächsten Wahlen über eine Regierungsbildung entscheiden. Schließlich, meint Narbona über die Verhandlungen, „sind wir der Steuermann auf diesem Schiff.“

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