Russlands neuer Zangengriff im Donbass

Russlands neuer Zangengriff im Donbass
Die russischen Streitkräfte intensivierten ihre Angriffe auf die Stadt Avdiivka - ihre Einnahme brächte ihnen zwei Vorteile.

Mehrfachraketenfeuer, schwere Artillerie, Panzer – in den vergangenen Stunden konzentrierten sich die russischen Angriffe im Donbass auf den Ort Avdiivka, zehn Kilometer nördlich der Stadt Donezk gelegen. Berichten zufolge versuchten russische Soldaten in ukrainischen Uniformen, in die Stadt einzusickern, am Donnerstag flogen Kampfhubschrauber ihre Angriffe.

Die Eroberung der 35.000-Einwohner-Stadt könnte den russischen Streitkräften einerseits Zugang zu einer Eisenbahnstrecke geben, außerdem das ukrainische Artilleriefeuer auf Donezk reduzieren. Andererseits würde die Einnahme einen weiteren Angriffskorridor in Richtung Norden ermöglichen: Gut 45 Kilometer weiter nördlich liegt die Stadt Kostjantyniwka – ihre Einnahme wiederum würde die Lage in der strategisch wichtigen Stadt Kramatorsk drastisch verschlechtern. Die Hauptangriffsrichtung der russischen Streitkräfte im Donbass ist allerdings jene von Osten nach Westen: Langsam aber stetig rücken sie unter schwerem Artilleriefeuer auf die Stadt Bakhmut vor.

Die Belagerung von Kramatorsk bis Ende des Sommers scheint das Ziel Moskaus im Donbass zu sein, während Städte wie Kiew und Charkiw stetig bombardiert werden. Dadurch sollen ukrainische Streitkräfte gebunden werden, die ansonsten die Stellungen im Donbass oder im Raum Cherson verstärken könnten.

In Cherson scheinen die ukrainischen Streitkräfte Fortschritte zu machen: Dank vom Westen gelieferter Artilleriegeschütze sei es gelungen, mindestens drei Brücken über den Dnepr zu beschädigen. Das erschwere Moskau die Versorgung der besetzten Gebiete und mache die russische 49. Armee, die am Westufer des Dnepr stationiert sei, äußerst verwundbar.

Die Absicht der Ukrainer dürfte sein, bis Winterbeginn das westliche Ufer des Dnepr zurückzuerobern und den Fluss zu einem natürlichen Hindernis zu machen. Damit hätten es die russischen Streitkräfte erheblich schwerer, im Frühjahr die Stadt Mykolaiw zu nehmen und dann weiter nach Odessa vorzustoßen. Allerdings verläuft die Front derzeit 20 bis 50 Kilometer vom Flussufer entfernt und die russische Artillerie feuert pausenlos auf das flache Steppengelände.

Hoffnung auf Lieferungen

Indes sollen Getreidelieferungen bevorstehen: Zuletzt weckte ein Vermittlungserfolg der Vereinten Nationen die Hoffnung auf mögliche weitere Kompromisse zwischen den Kriegsparteien. Nach dem Abkommen zwischen Kiew und Moskau sollen Schiffe mit Getreide an Bord laut UN-Angaben schon bald die ukrainischen Gewässer verlassen. Es lägen einige schon beladene Frachter in den Häfen am Schwarzen Meer zur Abfahrt bereit, sagte UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths.

Vor einer Woche hatten die Ukraine und Russland mit den Vereinten Nationen und der Türkei das Abkommen unterzeichnet, um von drei Schwarzmeerhäfen aus Getreideausfuhren aus der Ukraine zu ermöglichen. Der Hafenbetrieb war nach Beginn des Krieges aus Sicherheitsgründen eingestellt worden - Moskau wurde eine Blockade des Getreideexports als Rache für westliche Sanktionen vorgeworfen. Gerade in afrikanischen Ländern hatte die Getreideblockade die teils ohnehin schon akute Nahrungsmittelknappheit weiter verschärft.

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