Russlands Sabotage in der Ostsee: NATO und EU kündigen Gegenwehr an
Sie ist mehr als 20 Jahre alt, fährt unter der mehr als zweifelhaften Flagge der Cook-Inseln im Südpazifik und hat schon vor einigen Jahren eine Ölpest vor Chile verursacht: Die Eagle S ist einer jener überalterten Öltanker, die schon aufgrund ihres miserablen Zustands tickende Umwelt-Zeitbomben sind. Umso überraschender war das Instrumentarium, das finnische Ermittler an Bord des Schiffes fanden: Spionage-Ausrüstung auf dem neuesten Stand der Technik.
Anker als Waffe
Die Finnen haben das Schiff unter ihre Kontrolle gebracht und in einen ihrer Häfen gebracht, nachdem ein Unterseekabel, das Finnland mit Estland verbindet, durchtrennt worden war: Von der Eagle S und sicher nicht durch Zufall. Einer der Anker des Schiffes war in unmittelbarer Nähe des Kabels ausgeworfen worden und schliff von da an über Kilometer über den Meeresboden. Er konnte also das Kabel gar nicht verfehlen.
Nur einer von vielen Zwischenfällen dieser Art in der Ostsee. „Fast im Monatsrhythmus“ würden wichtige Strom- und Datenkabel, oder Gaspipelines in der Ostsee beschädigt, meinte etwa die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock. Mehrmals waren chinesische Schiffe in die Vorfälle verwickelt, mit der Eagle S kommt ein Tanker ins Spiel, den westliche Experten einstimmig zu Russlands sogenannter „Schattenflotte“ zählen. Tanker und andere Frachtschiffe, die Russland benutzt, um Sanktionen zu umgehen, etwa beim Öltransport.
Schattenflotte: Um Erdöl trotz internationaler Sanktionen weiter zu exportieren, bedient sich Russland Tankern, die unter falscher Kennung unterwegs sind, der Schattenflotte.
750 Schiffe dieser Art sind laut Experten derzeit weltweit unterwegs, oft wird ihre Fracht auf hoher See - etwa vor den Kanarischen Inseln oder in Malaysien - umgeladen.
Moskau wird seit langem vorgeworfen, beim Transport und der Verschleierung seiner Exporte auf Schiffe zu setzen, deren Eigentumsverhältnisse undurchschaubar sind und die oft die Flagge wechseln, unter der sie fahren. Dazu würden Länder mit Gesetzen genutzt, die ‚laxer seien als die im Westen: Die Cook-Inseln, Panama, oder Steuerparadiese in der Karibik. Die Schiffe sind oft baufällig und nicht versichert.
Für EU-„Außenministerin“ Kaja Kallas handelt sich dabei um „absichtliche und koordinierte Aktionen, um unsere Digital- und Energieinfrastruktur zu beschädigen.“ Die Estin macht dafür Russland verantwortlich und kündigt Gegenmaßnahmen der EU an, darunter auch weitere Sanktionen gegen die Schattenflotte, die „unsere Sicherheit und Umwelt gefährdet – und Russlands Taschen mit Ölgeld füllt.“
Die NATO hat schon nach früheren Vorfällen in der Ostsee ihre militärische Präsenz dort verstärkt: Flugzeuge patrouillieren die Region, Drohnen für Überwachungs- und Aufklärungsflüge sind im Einsatz, auch eine Flotte von Minenjägern wurde entsandt. NATO-Generalsekretär Mark Rutte kündigt weitere Verstärkungen an. Der Kanadier James Appathurai, der in der NATO für die Abwehr derartiger hybrider Angriffe zuständig ist, skizziert bereits ein viel größeres Bedrohungsszenario. Der Militär spricht gegenüber sky news von inzwischen rund hundert hybriden Angriffen Russlands und seiner Verbündeten auf westliche Infrastruktur – und von absehbar schwerwiegenden Konsequenzen: „Es besteht die reale Aussicht, dass einer dieser Angriffe eine beträchtliche Zahl von Opfern oder erheblichen wirtschaftlichen Schaden verursachen wird.“ Darauf müsse die NATO vorbereitet sein, um dann zu wissen, was zu tun sei.
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