Russische Geheimdienst-Intrige gegen General Commenda

Die Russen mit Generalstabschef Gerassimow (3.v.li.), die Österreicher mit Generalstabschef Commenda (3.v.re.), irgendwo versteckte Kameras
Das Video mit Aussagen zu den Sanktionen trägt die Handschrift eines Geheimdienstes.

Bevor das Gespräch zwischen dem russischen Generalstabschef Waleri Gerassimow und seinem österreichischen Amtskollegen Othmar Commenda in Moskau begann, wurden Minikameras und versteckte Mikrofone montiert. Dann wurde das Gespräch einigen russischen Agenturjournalisten vorgespielt. Dazwischen war aber noch ein Videotechniker am Werk. Denn die Videoaufnahme unterscheidet sich in ihren Aussagen sehr stark von den Gesprächs-Erinnerungen der österreichischen Delegationsteilnehmer.

Es mussten nur einzelne Sequenzen herausgeschnitten werden. Beispielsweise jene, wo es um gemeinsame Herausforderungen bei den Migrationsströmen ging. Dadurch stand nur mehr Commendas Erwähnung der geografischen Nähe im Raum: "Russland ist einmal Österreich viel näher als viele andere große Länder dieser Welt." Ohne die Migrations-Sequenz wurde diese Aussage als Positionierung gegen Europa und den Rest der westlichen Welt verstanden. Außerdem wurde Commendas Bemerkung, er lasse sich nicht vorschreiben, mit wem er spreche (Gerassimow steht auf der internationalen Sanktionenliste) als Kritik an den Sanktionen interpretiert.

GRU-Operation

Dass die Russen nun höchst bemüht sind, dieses Video zu verbreiten, unterstreicht den Charakter einer Operation. Insider sind sicher: Es war eine klassische Desinformationsoperation des Militärgeheimdienstes GRU. Zu vermuten, die Russen hofften, durch das gefakte Video Österreich aus der europäischen Anti-Russland-Koalition herauszuschießen, würde ihnen Naivität unterstellen. Aber für ein "Anpatzen" des österreichischen Generals reicht es. In Diplomatenkreisen wird jetzt nur noch gerätselt, warum ausgerechnet der österreichische General ins Visier der GRU geriet.

Dafür gibt es mehrere Erklärungsvarianten. Die russischen Geheimdienste KGB und GRU scheiterten sehr oft am Bundesheer. "Bis dato ist es nicht gelungen, im Bereich des Österreichischen Bundesheeres eine wesentliche Quelle zu erschließen" heißt es einst am Ende des Kalten Krieges in russischen Geheimdienstberichten.

Das änderte sich auch nach dem Kalten Krieg nicht. Aktuelle Angriffsziele der Russen sind insbesondere der Eurofighter und das Verhältnis zur Nato. Doch auch da gab es Niederlagen. Das Abwehramt entfernte einen Wachtmeister des Bundesheeres aus dem Heeresspital, der sich von russischen Diplomaten anwerben ließ. Es enttarnte auch einen Vizeleutnant der Luftstreitkräfte, der für die Russen Planungsunterlagen eines deutschen Flugzeugherstellers beschaffte. Als das Abwehramt mit dem Verfassungsschutz einen Schwager Putins als Spion festnahm, herrschte fast Staatsnotstand. Der Spion musste freigelassen werden.

Der damalige Verteidigungsminister Norbert Darabos zertrümmerte die Abteilung für Spionageabwehr – offiziell wegen angeblich illegaler Informationsflüsse zur FPÖ. Deshalb sind auch keine jüngeren Aktivitäten der Russen in Österreich dokumentiert. Doch die Zeit der Beschaulichkeit für die Agenten dürfte vorbei sein. Denn der von General Commenda präferierte Brigadier Rudolf Striedinger zeigt sich entschlossen, als neuer Chef des Abwehramtes den angeschlagenen Abwehrdienst wieder zu restrukturieren.

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