Russen nutzen alte Panzer und Fahrzeuge als rollende Bomben

Russen nutzen alte Panzer und Fahrzeuge als rollende Bomben
Diese Taktik könnten sich die Russen von tscheschtenischen Einheiten abgeschaut haben, die schon in den 1990-er Jahren improvisierte Sprengsätze gebaut haben.

Nach Einschätzung des britischen Geheimdienstes nutzt Russland im Angriffskrieg gegen die Ukraine auch improvisierte Fahrzeugbomben.

Im Juni habe es Berichte gegeben, dass russische Streitkräfte veraltete, gepanzerte Fahrzeuge mit mehreren Tonnen Sprengstoff als rollende Bomben eingesetzt hätten, teilte das Verteidigungsministerium in London am Donnerstag bei Twitter mit.

Die Besatzung springe wahrscheinlich nach dem Start aus dem Fahrzeug.

Mehr lesen: Kampf um Bachmut: Russland hat kaum Reserven

Weiters in diesem Artikel:

  • "Ich erwarte mein Schicksal": Russisches Militär entlässt General Popow
  • Ukraine erzielt Geländegewinne
  • Herabfallende Trümmer russischer Drohnen trafen Kiewer Stadtteile
  • Selenskij erteilt Gebietsabtretungen an Russland erneut Absage
  • Russland: Nato-Gipfel ist Rückkehr zum Kalten Krieg

Die meisten russischen Fälle seien rund um Marjinka in der Nähe der ostukrainischen Stadt Donezk gemeldet worden, hieß es in dem täglichen Update des Verteidigungsministeriums. Die Briten bringen die Fälle mit Einheiten aus der russischen Teilrepublik Tschetschenien im Nordkaukasus zusammen.

Taktik von Tschetschenen übernommen?

Die Fälle hätten begonnen, nachdem tschetschenische Einheiten die Region verstärkt hätten, schrieb das Ministerium. Es verwies auch darauf, dass die Kämpfer Erfahrung mit improvisierten Sprengsätzen aus den Tschetschenien-Kriegen der 1990er Jahre hätten.

Das Verteidigungsministerium in London geht davon aus, dass die meisten dieser präparierten Fahrzeuge der Russen aufgrund von Panzerabwehrminen und Beschuss "mit ziemlicher Sicherheit" explodiert sind, bevor sie ihr Ziel erreichten.

Allerdings lösten diese Sprengsätze extrem große Explosionen aus, die wahrscheinlich einen psychologischen Effekt auf die Verteidigungskräfte hätten.

Russisches Militär entlässt General 

Im russischen Militär mehrt sich die Kritik an der Kriegsführung in der Ukraine, und die Führung greift zur Entlassung. 

General Iwan Popow, der die im Süden der Ukraine eingesetzte 58. Armee befehligte, wurde nach eigenen Angaben wegen Kritik an der militärischen Strategie vom Posten des Kommandeurs entbunden. Er habe die Militärführung über die Lage an der Front und über Versäumnisse der obersten Befehlshaber informiert, die eigene Soldaten das Leben gekostet hätten, erklärte Popow.

Daraufhin sei er entlassen worden, heißt es seiner Sprachnachricht, die der Abgeordnete Andrej Guruljow veröffentlichte.

Eine solche öffentliche Kritik nicht einmal drei Wochen nach der Meuterei der Wagner-Söldner zeigt, wie groß die Unzufriedenheit im Militär ist.

Söldner-Chef Jewgeni Prigoschin hat Verteidigungsminister Sergej Schoigu und Generalstabschef Waleri Gerassimow schon öfter Versagen vorgeworfen und wollte ihre Absetzung erzwingen, was in einem Marsch der Wagner-Söldner auf Moskau gipfelte.

Mehr lesen: Wagner-Chef ruft zum Kampf gegen russisches Verteidigungsministerium auf

Von wann die Sprachaufnahme Popows stammt, war unklar. Ihre Authentizität konnte nicht unabhängig überprüft werden. Guruljow ist ein früherer Armeekommandant, der oft im Staatsfernsehen auftritt. Das Verteidigungsministerium äußerte sich nicht dazu. Popow ließ offen, wann er die Kritik geäußert hat.

"Ich erwarte mein Schicksal"

Popow erklärte, er habe die Wahl gehabt zu schweigen und feige zu sein oder die Dinge anzusprechen. Seine Vorgesetzten hätten ihn wohl als Gefahr gesehen und in nur einem Tag einen Befehl des Ministeriums ausgeheckt, um ihn loszuwerden.

"Die ukrainische Armee konnte unsere Reihen an der Front nicht durchbrechen", sagte er. "Aber unser Oberbefehlshaber fiel uns in den Rücken und enthauptete die Armee im schwierigsten und intensivsten Moment brutal."

Er verwies auf den Tod russischer Soldaten, die durch ukrainische Artillerie getötet wurden, und sagte, der eigenen Armee fehle es an geeigneter Artillerie zur Abwehr und an Aufklärung der Stärke des Feindes.

"Ich hatte kein Recht, in ihrem Namen, im Namen meiner gefallenen Mitstreiter, zu lügen, also habe ich alle bestehenden Probleme dargelegt“, sagte Popow. "Ich erwarte mein Schicksal.“

Die Entlassung des 48-Jährigen ist nicht der erste Fall, der Anlass zu Spekulationen gibt. Direkt nach der Söldner-Meuterei traten zwar Putin und Schoigu öffentlich auf, nicht aber die Top-Generäle. Deswegen begann die Gerüchteküche zu brodeln, ob sie womöglich vorab von der Söldner-Meuterei wussten und was mit ihnen geschehen ist.

Gerassimow war erst gut zwei Wochen nach der Rebellion wieder zu sehen. 

Ukraine erzielt Geländegewinne

Die ukrainische Armee hat nach eigenen Angaben im südlichen Gebiet Saporischschja südöstlich der Stadt Orichiw Geländegewinne erzielt. Die ukrainischen Einheiten setzen sich auf den neuen Positionen fest, teilte der Sprecher des Generalstabs, Andrij Kowaljow, am Donnerstag mit. Der russische Gegner leiste jedoch weiter „starken Widerstand“ und ziehe Reserven heran. Detailliertere Angaben machte er nicht.

In der Ostukraine setzen die ukrainischen Truppen Kowaljow zufolge ihren Vormarsch südlich der von Russland kontrollierten Stadt Bachmut fort. Dort sei es ebenfalls zu einem Teilerfolg gekommen.

Zugleich seien Angriffe der russischen Truppen im Donezker Gebiet in den Abschnitten Lyman, Awdijiwka und Marjinka sowie bei Kupjansk im Gebiet Charkiw abgewehrt worden. Zudem habe die russische Luftwaffe Dutzende Angriffe ausgeführt. Informationen der Kriegsparteien lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

Herabfallende Trümmer russischer Drohnen trafen Kiewer Stadtteile

Russland flog ukrainischen Angaben zufolge die dritte Nacht in Folge Drohnenangriffe auf die Hauptstadt Kiew. Herabfallende Trümmerteile der abgeschossenen Drohnen hätten den Stadtteil Solomjanskyj im Stadtzentrum getroffen, teilt die Kiewer Militärverwaltung mit.

Vier Menschen sind nach Behördenangaben verletzt worden. Rettungskräfte teilten am Morgen mit, dass die Trümmer der von der ukrainischen Flugabwehr abgeschossenen Drohnen in vier Stadtteilen eingeschlagen seien.

In einem Hochhaus wurde ein Teil der Fassade beschädigt, wie auf Bildern zu sehen war. Dort wurden zwei Menschen verletzt, die ins Krankenhaus gebracht wurden. In einem anderen Haus sei ein Feuer ausgebrochen. Zwei Menschen erlitten dort laut Behörden Rauchvergiftungen.

Ein Stockwerk eines Wohnhauses im Stadtteil Darnyzkyj im Osten der Stadt sei beschädigt, sagte Bürgermeister Vitali Klitschko. Im Bezirk Schewtschenkiwskyj weiter westlich sei ein Balkon in Brand geraten. Auch in anderen ukrainischen Regionen, darunter Chmelnyzkyj im Westen, Mykolajiw im Süden und Saporischschja im Südosten, sind laut Zeugen Explosionen zu hören.

Selenskij erteilt Gebietsabtretungen an Russland erneut Absage

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij hat Gebietsabtretungen an Russland erneut eine Absage erteilt. "Sogar wenn es nur ein Dorf ist, in dem nur ein Opa lebt", betonte er am Mittwoch bei einer Pressekonferenz nach dem NATO-Gipfel in Vilnius.

Er sei davon überzeugt, dass weder der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) noch US-Präsident Joe Biden in dieser Frage "Verrat" an Kiew verüben werden.

Auch "irgendein eingefrorener Konflikt" sei für die Ukraine weiter keine Option. "Das wird es niemals geben", sagte Selenskij. Seine Position sei den Partnern sehr gut bekannt.

Russland: Nato-Gipfel ist Rückkehr zum Kalten Krieg

Das russische Außenministerium hat nach dem NATO-Gipfel in Vilnius der westlichen Militärallianz die Rückkehr "zu Schemen des Kalten Kriegs" vorgeworfen.

Dem Westen gehe es um den Schutz ihrer "Milliarde vor dem Rest der Menschheit" auf der Grundlage der willkürlichen Teilung der Welt in Demokratien und Autokratien, wie es in einer Pressemitteilung des Ministeriums von Mittwochabend hieß.

Russland werde die Ergebnisse des NATO-Gipfels genau studieren und angesichts der erkannten Bedrohungen für die Sicherheit und Interessen des Landes reagieren.

"Wir werden zusätzlich zu den beschlossenen Maßnahmen unsere militärische Organisation und das Verteidigungssystem unseres Landes weiter stärken", heißt es.

Der Westen versuche, seine globale Hegemonie zu schützen und habe sich Russland als Hauptziel seiner aggressiven Politik auserkoren, so die Kritik. "Alles verdrehend wird Moskau der Unterminierung der globalen Energie- und Lebensmittelsicherheit beschuldigt."

Von der strategischen Niederlage Russlands träumend baue die NATO an den russischen Grenzen offensive Waffensysteme auf und führe Manöver zum Einstudieren von Angriffen durch. Die Ukraine solle dabei als Rammbock dienen, werde deswegen mit leeren Versprechungen und Waffen gefüttert, sei für den Westen jedoch nichts weiter als "Verbrauchsmaterial", behauptete das russische Außenministerium.

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