Rücktrittswelle: Portugals Regierung kämpft mit Korruptionskrise

Public school workers demonstrate for better salaries and working conditions in Lisbon
Nach neun Monaten mussten bereits ein Dutzend Minister und Staatssekretäre wegen Korruptionsvorwürfen ihre Ämter niederlegen.

Als Carla Alves am Dreikönigstag Anfang Jänner ihr Amt als neue Staatssekretärin im Lissaboner Landwirtschaftsministerium antrat, ahnte sie wohl kaum, dass sie nur 25 Stunden später den Job wieder verlieren würde. In einer Zeit, in der die sozialistische Regierung von Ministerpräsidenten Antonio Costa unter starker Beobachtung steht, kam schnell ans Licht, dass mehrere ihrer Bankkonten auf richterliche Anweisung gesperrt wurden.

Der Grund: Es handelte es sich um Konten, die Alves gemeinsam mit ihrem Ehemann hatte. Gegen den ehemaligen Bürgermeister einer Kleinstadt im Norden Portugals wird derzeit wegen Korruption und Günstlingswirtschaft ermittelt.

Der "Fall Alves" animierte die Opposition vor wenigen Tagen, erneut einen Misstrauensantrag gegen die Regierung zu stellen und für Portugals konservativen Staatspräsidenten Marcelo Rebelo de Sousa brachte er das Fass zum Überlaufen. Er gab Antonio Costa ein Jahr Zeit, wieder eine Regierungsstabilität aufzubauen und ein "normales Funktionieren" der Regierung zu garantieren.

Das klingt auf den ersten Blick eigenartig, denn erst im Jänner vergangenen Jahres hatte der Sozialist doch überraschend bei den Parlamentswahlen eine absolute Mehrheit erreicht. Eigentlich dürfte er einer stabilen Regierung vorstehen.

Das Problem: Seine Regierung wird nur neun Monate nach dem überwältigenden Wahlsieg von einer Reihe von Korruptionsfällen überschattet, die bereits zu einer regelrechten Rücktrittswelle von über einem Dutzend Ministern und Staatssekretären geführt hat.

Ende Dezember verlor Costa eine Schlüsselfigur in seinem Kabinett. Pedro Nuno Santos, der mächtige Minister für Infrastruktur und Wohnungsbau, musste wegen des sogenannten TAP Gate zurücktreten. Es ging um die portugiesische Fluggesellschaft TAP, die mit 3,2 Milliarden Euro von der Regierung vor dem Zusammenbruch gerettet wurde.

Alexandra Reis vom TAP-Verwaltungsrat handelte noch Kürzungen der Gehälter aus, leitete den Personalabbau ein und wechselte danach als Staatssekretärin ins Finanzministerium. Doch erhielt sie als Abfindung von der TAP noch kurz vorher eine halbe Million Euro. Nicht weniger fassungslos waren die Portugiesen und die Opposition als bekannt wurde, dass die gerade mit Steuergeldern gerettete Airline für ihre Führungskräfte 79 teure Luxus-BMWs als Dienstwagen anschaffte.

Reis musste nach dem Skandal als Finanzstaatssekretärin zurücktreten, ebenso der Staatssekretär im Infrastrukturministerium. Mit der Ausweitung des "TAP Gate" musste kurz vor Weihnachten dann auch der für den Flugverkehr zuständige Minister Nuno Santos gehen, der bereits als Antonio Costas Nachfolger gehandelt wurde.

Bereits im Sommer hatte Antonio Costa auch die eigentlich beliebte Gesundheitsministerin Marta Temido verloren. Während der Corona-Pandemie hatte sie großes Ansehen erworben. Doch sie war nicht in der Lage, die Krisensituation im unterfinanzierten öffentlichen Gesundheitssystem zu lösen.

Im November war es Miguel Alves, der mächtige Staatssekretär im Amt des Ministerpräsidenten, der nach weniger als zwei Monaten im Amt aus der Regierung ausschied. Die Staatsanwaltschaft beschuldigte ihn, als Lokalpolitiker beim geplanten Bau eines Ausstellungszentrums im Norden des Landes zuvor öffentliche Mittel veruntreut zu haben.

Premier Antonio Costa entschuldigte sich jetzt für die anscheinend schlechte Auswahlpolitik bei der Vergabe von Staatsposten und kündigte an, dass vor der Besetzung neuer Regierungsposten Kandidaten besser durchleuchtet werden. Sie müssen Fragebögen ausfüllen, mögliche Interessenskonflikte aufdecken sowie ihre Vermögensverhältnisse und strafrechtlichen Verantwortlichkeiten offenlegen.

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