Haushaltskrise führt zu Neuwahlen in Portugal

Kommunisten und Linke stimmten mit Konservativen gegen den Haushaltsetat 2022 der Sozialisten. Der Präsident ruft Neuwahlen aus.

Die Frage ist nicht mehr ob, sondern wann. Bereits vor der Parlamentsabstimmung am Mittwoch stellte Portugals konservativer Präsident Marcelo Rebelo de Sousa klar, er werde das Parlament auflösen und Neuwahlen ausrufen, sollte es nicht zur Verabschiedung eines neuen Etatplans für 2022 kommen. Und so passierte es schließlich. Portugal stehen politisch spannende und entscheidende Wochen bevor.


Nur 108 Abgeordnete stimmten für den Ausgabenplan der sozialistischen Regierung, 117 dagegen und 5 Parlamentarier enthielten sich. Nach Medienberichten vom Donnerstag könnten die Neuwahlen bereits Ende Jänner oder Anfang Februar stattfinden. Die Entscheidung wird Rebelo de Sousa wahrscheinlich am 3. November bekanntgeben.

Mit erhobenem Haupt

Portugals sozialistischer Ministerpräsident Antonio Costa konnte seine Enttäuschung am Mittwochabend nach der verlorenen Parlamentsabstimmung nicht verbergen und bezeichnete sie als „persönliche Niederlage“. Dennoch nehme er sie mit „erhobenen Hauptes“ hin, denn er habe „alles getan, was in seiner Macht stand, um mit einem linken Haushaltsentwurf eine Mehrheit zu bilden“.


Costas ehemalige linke Bündnispartner sahen dies allerdings anders. Die Kommunistische Partei Portugals (PCP) sowie der marxistische Linksblock (BE) warfen Costa vor, ihre Forderungen nach einem besseren Arbeitnehmerschutz vollkommen missachtet und sich lediglich auf eine Verringerung des Haushaltsdefizits konzentriert zu haben. PCP-Chef Jeronimo de Sousa erklärte, seine Partei habe sich gerade nach den verheerenden sozialen Folgen der Corona-Pandemie und der Finanzkrise einen deutlich sozialgerechteren Haushaltsentwurf gewünscht, der weniger die Sparinteressen der ehemaligen Troika und mehr die Bedürfnisse der Bevölkerung im Blick habe.

Mehr Geld fürs Gesundheitssystem

Auch der Linksblock forderte im Vorfeld der Parlamentsabstimmung höhere Investitionen ins staatliche Gesundheitssystem, eine deutlichere Erhöhung des Minderheitslohns und der Mindestrente. Die Gründe für die Ablehnung des Haushaltsentwurfs seitens der Linksparteien liege aber tiefer, versichert Politologe Fernando Ampudia de Haro. „Die Linksparteien haben es Ministerpräsident Costa nicht verziehen, dass er vor zwei Jahren nach den letzten Parlamentswahlen eine Minderheitsregierung bevorzugte, anstatt das linke Regierungsbündnis zu erneuern“, so der Politikexperte von der Lissabonner Europa-Universität im Gespräch mit der APA.

Haushaltskrise führt zu Neuwahlen in Portugal

Costa (3.v.R) und seine Minister nach der Abstimmungsniederlage


Dadurch sahen sich beide Parteien politisch schwer angeschlagen. „Die Geringonca ist an der Besessenheit der Sozialisten mit der absoluten Mehrheit gestorben“, stellte Catarina Martins vom Linksblock im Anschluss an die Parlamentsdebatte am Mittwochabend klar und warf Premier Costa „Arroganz“ vor.


„Geringonca“ bedeutet im Portugiesischen eigentlich „Klapperkiste“. So verspottet die rechte Opposition zumindest das lose Regierungsbündnis zwischen den regierenden Sozialisten, dem Linksblock und den Kommunisten nach den Wahlen 2015. Aufgrund der politischen Gegensätze würde das „Klapperkisten“-Bündnis keine zwei Wochen überleben, wetterten Portugals Konservative.


Die beiden Linksparteien, die sich mit den Sozialisten auf ein Regierungsprogramm geeinigt hatten, ohne formell eine Koalitionsregierung zu bilden, unterstützten Costas Minderheitsregierung jedoch vier Jahre lang relativ treu und Costa führte das Land aus der schweren Finanz- und Wirtschaftskrise.

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