Riskanter Personal-Poker nach Abgang von Schulz

EVP-Chef Weber (M.) oder der Liberale Verhofstadt (re.) könnten Schulz als Parlamentspräsident beerben.
Die konservative EVP pocht auf den Posten. Im Parlament regt sich Widerstand. Guy Verhofstadt , Liberalen-Chef, könnte die Alternative sein.

Kaum kündigte Martin Schulz an, kein drittes Mal für das Präsidenten-Amt des EU-Parlaments zu kandidieren, ging das Gerangel los. Einem Pakt zwischen Europäischer Volkspartei (EVP) und Sozialdemokraten stünde nach fünf Jahren Schulz der Job der EVP zu.

Drei Bewerbungen liegen bereits vor: Der Franzose Alain Lamassoure, die Irin Mairead McGuinness und Sloweniens Ex-Premier Alojz Peterle werden bei der Wahl am 17. Jänner antreten. ÖVP-Delegationsleiter Othmar Karas überlegt noch. "Der Druck auf ihn steigt, sich offiziell zu bewerben", heißt es in seinem Büro. Bis zum Ende der Bewerbungsfrist am 13. Dezember habe er noch Zeit.

Ein Zugpferd à la Schulz fehlt den Konservativen jedoch. Der Druck auf EVP-Fraktionschef Manfred Weber (CSU) steigt, selbst in den Ring zu steigen.

Doch im EU-Parlament wächst der Widerstand gegen die großkoalitionäre Absprache. Sozialdemokraten-Chef Gianni Pittella will einen EVP-Parlamentspräsidenten verhindern. Mit Jean-Claude Juncker an der Spitze der Kommission, Donald Tusk im Rat und noch einem Schwarzen im Parlament wäre das politische Gleichgewicht gestört.

Das nährt Chancen für den Vorsitzenden der Liberalen Guy Verhofstadt. Der ehemalige belgische Premier ist eloquent, rhetorisch ebenso begabt wie Schulz und ein überzeugter Europäer. Er ist Chefverhandler des Parlaments für den Brexit. Den britischen Austrittsminister David Davis empfing Verhofstadt kürzlich nicht sehr schmeichelhaft: "Welcome to hell" (Willkommen in der Hölle). Ob der Liberalen-Chef die nötigen Stimmen bei der Wahl bekommt, ist allerdings offen.

Sollte die EVP den Parlamentspräsidenten stellen, fordern Rote einen Wechsel im Europäischen Rat. Die Amtszeit von Tusk endet Mitte 2017, er würde gerne bleiben. Der Ratspräsident kommt immer aus der Reihe der amtierenden oder Ex-Regierungschefs. Sozialdemokraten nennen zwei Namen – jenen des ehemaligen Bundeskanzlers Werner Faymann und der dänischen Ex-Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt.

Frauenpower in der Österreichischen EU-Vertretung in Brüssel: Für die Finanz- und Geldpolitik sind zwei Frauen zuständig. Isabella Lindner leitet die Repräsentanz der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB). Ab 1. Dezember vertritt Eva-Maria Liebmann-Pesendorfer das Bundesministerium für Finanzen. Sie löst den langjährigen Finanz-Experten Gerhard Lerchbaumer ab.

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