Rechts-Populisten europaweit im Aufwind
In Spanien sorgte die Newcomerpartei Vox vergangenen Sonntag für ein politisches Beben: Erstmals seit Jahrzehnten zieht eine rechtspopulistische Partei ins spanische Parlament ein.
Europaweit gesehen aber folgt Vox einem breiten Trend: „In der Europäischen Union war das nun die 13. nationale Wahl in Folge, bei der rechtspopulistische Parteien dazugewonnen haben“, schildert Andreas Johansson Heinö.
Der schwedische Politologe, der seit Jahren für den Thinktank Timbro den Aufstieg der Populisten in Europa analysiert, kommt zum Schluss: „Jeder sechste europäische Wähler unterstützt heute eine rechtspopulistische Partei.“
Und während Linkspopulisten, die vor allem im Süden Europas zu finden seien, an Anhängern verlieren, legten die Rechten kontinuierlich weiter zu, sagt Johansson Heinö.
Auch bei den EU-Wahlen Ende Mai zeichnen sich massive Zugewinne der Rechtspopulisten ab. Drei europa-kritische, populistische Fraktionen gibt es im EU-Parlament. Auf eine nahezu Verdopplung ihrer Mandate kann dabei jene Fraktion hoffen („Europa der Nationen und der Freiheit“, ENF), der auch die FPÖ und die italienische Lega angehören.
Die Zweitstärksten
Würden dann alle Populisten im EU-Parlament an einem Strang ziehen, wären sie bereits die zweitstärkste Gruppe – hinter der Europäischen Volkspartei und noch vor den Sozialdemokraten.
Doch schon bisher ist es den Populisten nicht gelungen, zu einer Fraktion zusammenzuschmelzen. Da vertritt die polnische Regierungspartei PiS eine extrem russland-kritische Position, während Italiens Lega-Chef Matteo Salvini als glühender Putin-Fan gilt.
Auch in ihrer Flüchtlings- und Wirtschaftspolitik vertreten die verschiedenen Rechtspopulisten teils konträre Ziele. Eine gemeinsame Linie ließ sich daher trotz aller Verbrüderungsschwüre bisher nicht finden. Und überhaupt, fasst Politologe Johansson Heinö gegenüber dem KURIER zusammen, „war die Leistungsbilanz der Rechtspopulisten im EU-Parlament bisher sehr bescheiden.“
Doch Macht und Einfluss haben Europas Rechtspopulisten schon längst gewonnen. Von der FPÖ bis zu den Schwedendemokraten, vom belgischen Vlaams Belang bis zur deutschen AfD sind sie heute das „neue Normale“ im politischen System und keine selbst inszenierte Alternative mehr zum politischen Establishment.
An der Macht
In Polen, Italien und Ungarn regieren Populisten alleine. Ungarns Premier Viktor Orban dominiert mit seiner Fidesz-Partei das Land bereits durchgehend seit neun Jahren. Wobei Europas längstregierendem Populisten ein Kunststück gelang: Ungarn erhält die höchsten Pro-Kopf-Förderungen aus der EU-Kasse, während Orban immer rauer gegen die EU vom Leder zieht. Und das besonders in Zeiten des Wahlkampfes. „Mit EU-Geldern macht er Wahlkampf gegen die EU“, empört sich ein ungarischer Kandidat für das EU-Parlament. Die Befürchtung des jungen Politikers, der außerhalb von Ungarn nicht mit Namen zitiert werden will: „Die Rechtspopulisten wollen die EU von innen zerstören. Orban könnte etwa einen Getreuen in die Kommission schicken, den man in Brüssel ablehnt. Und damit kann alles blockiert werden. Oder auch beim EU-Ministerrat könnte durch den wachsenden Einfluss der Rechtspopulisten alles feststecken.“
Insgesamt sitzen Rechtspopulisten bereits in jedem dritten EU-Mitgliedsland zumindest mit an der Macht. In Österreich ist die FPÖ der kleine Koalitionspartner der ÖVP. In der Slowakei, in Bulgarien, in Litauen, (noch vor der neuen Regierungsbildung) in Finnland und seit Kurzem auch in Estland regieren sie ebenfalls mit.
Rechtspopulisten sitzen zudem in den Nicht-EU-Mitgliedern Schweiz und Norwegen mit am Regierungstisch.
Wie Ungarns Premier Viktor Orban, der offen die „illiberale Demokratie“ predigt, neigten alle rechtspopulistischen Parteien zum Anti-Liberalen und damit auch zum Autoritären, führt Politologe Johansson Heinö aus. „Und heute hat dieser autoritäre Populismus in Europa etwa eben so viele Anhänger wie die Sozialdemokratie.“
Studien haben ergeben: Viele Wähler rechtspopulistischer Parteien eint wirtschaftlicher Pessimismus. Sie erleben sich als benachteiligt, sie fürchten ihren Abstieg. Sie schätzen aber auch – teils irregeführt von Fake News – die Lage völlig falsch ein.
So liegt die Arbeitslosenrate in Deutschland bei 5 Prozent. Von AfD-Wählern aber wird sie auf 15 Prozent geschätzt. Jede Menge Bürgersorgen also, die AfD-Politiker mit leicht Fakten mildern könnten. Stattdessen werden nach dem Erfolgsrezept aller Populisten „Sündenböcke“ präsentiert.
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