Reaktionen auf Brexit-Boris: Auch der Iran gratuliert

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Oppositionschef Jeremy Corbyn will die Wähler über einen neuen Premier entscheiden lassen. US-Präsident Donald Trump gratuliert.

Großbritanniens Oppositionschef Jeremy Corbyn hat nach der Wahl Boris Johnsons zum Parteichef der Konservativen und künftigen Premierminister eine Neuwahl gefordert. Johnson sei von weniger als 100.000 Parteimitgliedern der Konservativen unterstützt worden und habe nicht das Land hinter sich gebracht, schrieb der Labour-Politiker am Dienstag auf Twitter.

Ein EU-Austritt ohne Abkommen, den Johnson nicht ausschließt, bringe Jobverluste und steigende Preise. "Die Bevölkerung unseres Landes sollte in einer Parlamentswahl entscheiden, wer Premierminister wird", forderte er.

Eine klare Ansage machte Londons Bürgermeister Sadiq Khan: "Ich werde nie damit aufhören, meine Meinung gegen die katastrophale Bedrohung des Brexits zu sagen", sagte der Labour-Politiker am Dienstag in London. In anderen Bereichen - etwa bei der Polizei oder im öffentlichen Verkehr - sollte man jedoch die Differenzen beilegen.

Parteikollegin und Ex-Premierministerin Theresa May gratulierte Johson. "Wir müssen zusammenarbeiten für einen Brexit, der für ganz Großbritannien Sinn macht und wir müssen Jeremy Corbyn aus der Regierung draußen halten. Du hast meine volle Unterstützung von den Hinterbänken", versprach May via Twitter.

Trump: "Er wird großartig sein"

Erwartungsgemäß freundlicher reagierte US-Präsident Donald Trump. "Er wird großartig sein", erklärte Trump am Dienstag via Twitter. Der US-Präsident hatte schon mehrfach seine Sympathien für Johnson publik gemacht und zugleich dessen Vorgängerin Theresa May scharf kritisiert.

Die öffentlichen Einmischungen Trumps in die britischen Regierungsgeschäfte sorgten in Großbritannien vielfach für Verstimmung.

Jean-Claude Juncker, scheidender EU-Kommissionpräsident, gratulierte Johnson ebenfalls - wenn auch nicht so euphorisch wie Trump. Er wolle mit Johnson "auf die bestmögliche Weise zusammenarbeiten", teilte eine Sprecherin am Dienstag der EU-Kommission in Brüssel mit.

Seine Nachfolgerin Ursula von der Leyen und der französische Staatschef Emmnauel Macron gratulierten ebenso. Macron dankte der bisherigen britischen Premierministerin Theresa May und sagte: "Ich beglückwünsche herzlich Boris Johnson."

Barnier will konstruktive Zusammenarbeit

Brexit-Chefunterhändler Michel Barnier machte hingegen klar, dass die EU die von Johnson geforderte Neuverhandlung des Austrittsabkommens ablehnt. 

Barnier schrieb über Twitter: "Wir freuen uns darauf, mit Boris Johnson nach seiner Amtsübernahme konstruktiv zusammenzuarbeiten, um die Ratifizierung des Austrittsabkommens zu erleichtern und um einen geregelten Brexit zu gewährleisten." Möglich sind nach Barniers Worten lediglich Änderungen an der politischen Erklärung zu den künftigen Beziehungen.

Auch der Iran gratuliert

Eher überraschende Glückwünsche trudelten aus dem Iran in London ein. Mitten in der Tankerkrise schrieb der iranische Außenminister Mohammed Javad Zarif auf Twitter: "Ich gratuliere meinem früheren Gegenüber Boris Johnson, dass er Premierminister des Vereinigten Königreiches geworden ist." Johnson ist von Juli 2016 bis Juli 2018 britischer Außenminister gewesen.

Gleichzeitig kritisierte der iranische Chefdiplomat das Vorgehen der britischen Regierung gegen einen Supertanker mit Öl aus dem Iran. "Die Beschlagnahme von iranischem Öl durch die May-Regierung auf Geheiß der USA ist Piraterie, ganz einfach", erklärte er.

Schieder: "Clown-Show"

Die österreichischen EU-Abgeordneten reagierten überwiegend skeptisch auf die Wahl Johsons. Neben Warnungen vor einer Brexit-"Katastrophe", Forderungen, das Kapitel "endlich abzuschließen", gibt es auch Hoffnungen auf ein neues Referendum. Dass Johnson einen EU-Austritt ohne Abkommen nicht ausschließt, bereitet den Abgeordneten Sorge.

Johnson möchte sich über den Vertrag hinwegsetzen

Boris Johnson tritt nach einigen Skandalen zurück - damit räumt ein Politiker das Feld, der die Macht der Bilder nutzte wie wenig andere. Seine selbstironische Art und Weise hat der Öffentlichkeit regelmäßig Fotos zum Schmunzeln geschenkt.

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Boris Johnson mit einem Räucherfisch, der angeblich wegen EU-Regularien in Plastik verpackt werden müsse, was Johnson aufregte (auch wenn es sich in Wahrheit um ein britisches Gesetz handelte), Juli 2019.

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Johnson schert ein Schaf im nordenglischen Nosterfield, bei einem Wahlkampf-Auftritt im Juli 2019.

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Und riecht danach an seinen Händen.

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Johnson mit einem selbst gemalten Gemälde der Queen

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Boris Johnson steht kurz vor seinem größten politischen Erfolg, Juli 2019.

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Johnson auf einem Wahlkampf-Event der Tories, im Juli 2019.

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Johnson zapft öffentlichkeitswirksam Bier, in der Wetherspoons Metropolitan Bar in London, Juli 2019.

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Boris Johnson, außerhalb seines Hauses in Oxfordshire, serviert Journalisten im August 2018 Tee.

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Johnsons Markenzeichen: Die Haarpracht, vom Winde verweht, im August 2010.

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Noch einmal Johnsons Haarpracht, vom Londoner Winde verweht, im Mai 2015.

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Beim Seilziehen am "Poppy Day" 2015, in London, setzte sich Johnson in Szene. Er tritt allgemein immer wieder in sportlicher Pose vor die Kamera.

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Johnson spielt nämlich auch gerne Rugby...

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...und nimmt dabei wenig Rücksicht. Auch nicht auf japanische Kinder. Im Oktober 2015 rammte er den zehnjährigen Toki Sekiguchi bei einem Spiel in Tokio.

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Johnson ist ein begeisterter Fahrradfahrer, wie auf diesem Foto, aus dem Jahr 2015 zu sehen ist.

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Als Boxer macht er sowieso gute Figur, wie hier, im Mai 2014, in North Woolwich, London.

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Johnson als Bürgermeister von London, im Mai 2015

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Johnson vor dem Kunstmuseum in Singapur, 2014

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Johnson mit Prinz Harry im September 2014, während er dem Rollstuhl-Rugby-Team Großbritanniens applaudiert.

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Auf den ÖVP-Mandatar und Vizepräsident im EU-Parlament, Othmar Karas, habe Johnson "als Politiker bisher nicht immer den besten Eindruck" gemacht. Der EU-Austritt Großbritanniens richte auf beiden Seiten "großen Schaden" an, betonte Karas in einer Aussendung. Der künftige britische Premierminister müsse "alles daran setzen, dass der Brexit nicht zur Katastrophe wird."

"Wenn Boris Johnson weiterhin seine Clown-Show abzieht, wird er damit in Brüssel auf taube Ohren stoßen", ließ SPÖ-EU-Delegationsleiter Andreas Schieder in einer Aussendung wissen. Jetzt liege es am britischen Parlament, den Austritt ohne Deal am 31. Oktober zu verhindern, hoffte Schieder noch auf einen Kurswechsel in London.

Grüne: "Katastrophe für das Land"

FPÖ-Delegationsleiter Harald Vilimsky fordert, das "Kapitel Brexit" endlich abzuschließen. Er würde begrüßen, "wenn Johnson endlich das umsetzt, was schon Theresa May versprochen hat. Einen reibungslosen Brexit, um so jenen demokratischen Volksentscheid, der vor 3 Jahren von den Briten gefällt wurde, zu respektieren".

Für die Grünen ist unterdessen das "schlimmste Szenario" eingetroffen. "Boris Johnson ist kein integerer, umsichtiger Politiker, er verbreitet Lügen und steuert das Land in die Katastrophe", sagte die Grüne EU-Delegationsleiterin Monika Vana gegenüber der APA. Für Vana wäre ein sogenannter Hard Brexit "das Schlimmste für Großbritannien und Europa".

Die Neos-EU-Abgeordnete Claudia Gamon appellierte, dass "ein Brexit-Chaos ohne Deal" am 31. Oktober nicht Realität werden dürfe. Den Briten müsse "die Chance auf ein zweites Referendum gegeben werden, ganz besonders jetzt, wo mit Boris Johnson ein Brexit-Hardliner am Ruder ist".

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