Johnson: "Brexit vollziehen, Land vereinen, Corbyn besiegen!"
Der künftige britische Premierminister Boris Johnson hat angekündigt, das Chaos um den EU-Austritt Großbritanniens zu beenden und die Spaltung im Land zu überwinden. Die Ziele seien nun, den Brexit zu vollziehen, das Land zu vereinen und Oppositionschef Jeremy Corbyn zu besiegen, sagte der neue Chef der britischen Konservativen am Dienstag in London.
Er wolle den Wunsch nach Freundschaft mit Europa und die Sehnsucht nach demokratischer Selbstbestimmung vereinen. Johnson hatte sich in einer Abstimmung innerhalb der konservativen Tory-Partei mit 66,4 Prozent der Stimmen gegen Außenminister Jeremy Hunt durchgesetzt. Am Mittwoch übernimmt er damit das Amt des Premiers von Theresa May, die sich im Zuge der Querelen um den EU-Austritt der Briten entschieden hatte, zurückzutreten.
Der Brexit-Hardliner will Großbritannien am 31. Oktober aus der Europäischen Union herausführen - notfalls auch ohne Abkommen. Ein solcher No-Deal würde vermutlich vor allem für die Wirtschaft unangenehme Konsequenzen haben, da es zu einer Wiedereinführung von Zöllen kommen könnte. May war mit ihrem mit Brüssel ausgehandelten Abkommen drei Mal im Parlament krachend durchgefallen.
Bleibt Johnson nur kurz Premier?
Doch genau dieses Parlament könnte auch Johnsons Träume begraben – die Regierung hat nur eine knappe Mehrheit von drei Abgeordneten, einige Konservative sind mit Johnson alles andere als zufrieden. Am Donnerstag gäbe es tatsächlich die Möglichkeit eines Misstrauensvotums, ehe es in die Sommerpause geht.
Die oppositionelle Labour-Partei ziert sich jedoch, Medienberichten zufolge: Die Johnson-Gegner in den Reihen der Tories würden dem neuen Premier die Chance geben wollen, mit Brüssel zu verhandeln und einen No-Deal-Brexit zu verhindern. Somit sehen die Labours die Chancen, Johnson am Donnerstag wieder abzusetzen, als zu gering. Würden sie das Votum verlieren, könnte das Johnson einen großen Vorteil verschaffen.
Schnappschüsse einer Polit-Karriere: Best of Boris
Ganz anders sieht es ab dem 3. September aus, wenn die Sommerpause vorbei ist. Da muss Johnson entweder seiner Versprechungen wahr machen, oder er bricht von selbst Neuwahlen vom Zaun und versucht, der Brexit-Partei von Nigel Farage – ihr war bei der EU-Wahl im Mai ein Erdrutschsieg gelungen – Stimmen abzuluchsen.
In Brüssel übt man sich zumindest nach außen hin in Gelassenheit. „Wir werden jeden Premierminister respektieren und zu ihm Arbeitsbeziehungen aufbauen“, hieß es zuletzt immer wieder aus der für die Brexit-Verhandlungen zuständigen EU-Kommission. Dazu wird betont, dass man das mit May ausgehandelte Austrittsabkommen nicht mehr ändern werde und lediglich noch Modifikationen an der begleitenden politischen Erklärung möglich seien.
Wenn Boris Johnson in etwas mehr als drei Monaten noch im Amt sein sollte, dann dürfte er mit Ursula von der Leyen über die Beziehungen zwischen der EU und seinem Heimatland verhandeln. Die Deutsche hatte sich in der vergangenen Woche wohlweislich gehütet, auf die Frage zu antworten, ob sie als künftige EU-Kommissionspräsidentin Hunt oder Johnson als Gesprächspartner bevorzuge. „Ich werde sehr konstruktiv mit jedem Staats- und Regierungschef zusammenarbeiten“, sagte von der Leyen nur. Dies sei für sie eine „goldene Regel“.
Gutes Verhältnis zu Trump
Vielleicht könnte der Wechsel in der Downing Street zumindest dem Verhältnis mit den USA neuen Auftrieb geben. Zuletzt verursachten unter anderem geleakte Botschaftermemos Verstimmung zwischen Washington und London. Die wirtschaftlichen Interessen auf beiden Seiten sind groß. US-Präsident Donald Trump hat klargemacht, dass Johnson seinen Segen hat. „Ich denke, wir werden eine großartige Beziehung haben“, sagte er am vergangenen Freitag vor Journalisten. May kritisierte der Republikaner dabei erneut scharf. Sie habe einen „sehr schlechten Job“ beim Brexit gemacht, es sei eine Katastrophe. „Ich denke, Boris wird das geraderücken“, fügte Trump hinzu.
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