Putin könnte Annexion der besetzten Gebiete am Freitag ausrufen

Putin könnte Annexion der besetzten Gebiete am Freitag ausrufen
Ansprache des Kreml-Chefs vor beiden Kammern des russischen Parlaments geplant.

Am Dienstagnachmittag verkündete der Kreml, womit alle Welt gerechnet hat: Die Ergebnisse der "Referenden" in den besetzten Gebieten in der Ukraine wurden bekanntgegeben - alles andere als deutliche Zustimmung zu einem Beitritt zur Russischen Föderation wäre überraschend gewesen - waren es doch "Schein-Referenden", die nach keinen korrekten Maßstäben abliefen. In den Regionen sollen jeweils mehr als 90 Prozent für den Anschluss an Russland gestimmt haben.

Bereits am Freitag dürfte Kreml-Chef Wladimir Putin formell die Aufnahme der besetzten ukrainischen Gebiete in die Russische Föderation bekanntgeben. An dem Tag sei eine Ansprache Putins vor beiden Kammern des Parlaments angesetzt, berichtet das britische Verteidigungsministerium. Es bestehe eine „realistische Möglichkeit“, dass Putin die Rede nutzen werde, um die Aufnahme zu verkünden, heißt es im täglichen Lagebericht des Ministeriums, der sich auf Erkenntnisse des britischen Militärgeheimdienstes stützt. 

Der Kreml wird mit der erwarteten Annexion den Angriffskrieg vor der eigenen Bevölkerung noch stärker zu rechtfertigen versuchen. Gleichzeitig riegelten die Besatzungstruppen die besetzten Teile der südlichen Region Cherson für die Ein- und Ausreise völlig ab. In der Bevölkerung wird die Angst laut, dass ukrainische Staatsbürger in den besetzten Gebieten zwangsrekrutiert und in den Krieg gegen ihre Landsleute geschickt werden könnten.

Indes hat Russland erneut mit dem Einsatz von Atomwaffen gedroht, erwartet in dem Fall nach eigenen Angaben aber kein direktes Eingreifen der NATO. Ex-Präsident Dmitri Medwedew schrieb am Dienstag auf Telegram, sein Land habe das Recht, sich im Zweifel mit Atomwaffen zu verteidigen - „wenn das notwendig sein sollte“.

Das gelte in „festgelegten Fällen“ und in „strikter Übereinstimmung mit den Grundsätzen der staatlichen Politik zur nuklearen Abschreckung“. Medwedew nannte folgende Voraussetzungen für die Möglichkeit eines russischen Atomschlags: „Angenommen, Russland ist gezwungen, die fürchterlichste Waffe gegen das ukrainische Regime einzusetzen, das eine schwere Aggression begangen hat, die für die Existenz unseres Staates gefährlich ist“, schrieb Medwedew. „Ich glaube, dass sich die NATO auch in dem Fall nicht direkt in den Konflikt einmischen würde. (...) Die Demagogen jenseits des Ozeans und in Europa werden nicht in einer nuklearen Apokalypse sterben.“

„Ich muss Sie noch einmal daran erinnern, für die tauben Ohren, die nur sich selbst hören: Russland hat das Recht, Atomwaffen einzusetzen, wenn es nötig ist“, schrieb Medwedew, der stellvertretender Vorsitzender des russischen Sicherheitsrates ist. Russland werde dies auch „in vorher festgelegten Fällen“ und unter „strikter Einhaltung der staatlichen Politik“ tun. Dies sei „sicher kein Bluff“. Ähnlich hatte sich vor einigen Tagen auch Präsident Wladimir Putin geäußert.

Medwedew hatte bereits vergangene Woche erklärt, Russland sei bereit, alle Mittel inklusive Atomwaffen zur Verteidigung annektierter Gebiete einzusetzen. An diesem Dienstag enden in mehreren ukrainischen Bezirken Referenden über einen Beitritt der Gebiete zu Russland. Der Westen bezeichnet dies als Farce, unter anderem, da die Referenden nicht frei seien und viele Gegner des Vorhabens die Regionen längst verlassen hätten.

Berichten zufolge könne Putin die Gebiete noch diese Woche als russisches Staatsgebiet deklarieren. Ein Vorrücken des ukrainischen Militärs, das mit westlichen Waffen unterstützt wird, könnte dann von Russland als direkter Angriff auf russisches Territorium bezeichnet und der NATO unterstellt werden, Kriegspartei zu sein. Die Ukraine indes will die Regionen zurückerobern, die nach internationalem Recht zu ihrem Staatsgebiet gehören.

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