Politische Gefechte um die Regenbogenfahne: Hochspannung vor Pride in Budapest

The Wider Image: Hungary's LGBTQ+ community reels under Orban's new laws, Pride ban
Um die Pride-Kundgebung am Samstag in Budapest entwickelt sich seit Wochen ein Polit-Krieg, der in Gewalt zu enden droht.

Ist es eine fröhliche Party der LGBTIQ-Gemeinde, eine politische Kundgebung, oder am Ende eine politische Machtdemonstration der Regierung von Viktor Orban, inklusive Großeinsatz der Sicherheitskräfte und Gewalt auf der Straße? Seit Wochen wird der politische Konflikt um die Pride, oder Regenbogen-Parade, am Samstag mit wachsender Härte und offenen Drohungen geführt. 

Involviert ist nicht nur die ungarische, sondern längst auch die europäische Politik.

Offener Konflikt zwischen Brüssel und Budapest

Jüngster Höhepunkt: Ein Auftritt von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen, bei dem sie sich direkt an den ungarischen Regierungschef wandte. Sie forderte ihn auf, die Pride in Budapest "ohne Angst vor strafrechtlichen, oder administrativen Sanktionen stattfinden zu lassen." Orban hat die Pride schon vor Wochen verbieten lassen. Rechtliche Grundlage dafür ist ein auch in der EU heftig umstrittenes Gesetz zum Jugend- und Kinderschutz, das im ungarischen Parlament im März erweitert wurde. 

Dadurch werden auch Veranstaltungen wie die Pride als öffentliche Zurschaustellung homosexueller Aktivitäten gebrandmarkt, und die sind aus Gründen des Kinderschutzes verboten. Schon seit 2021 verbietet dieses Kinderschutzgesetz, Minderjährige über nicht-heterosexuelle Lebensformen zu informieren. Entsprechende Bücher, Filme und andere Medien dürfen demnach nicht für sie zugänglich sein.

Orban: Pride als illegale Veranstaltung

Orban hat nie einen Zweifel daran gelassen, dass die jüngste Verschärfung des Gesetzes sich direkt gegen die Pride richtet. Er ließ den Veranstaltern schon im Frühjahr ausrichten, sie müssten gar nicht mehr weiter um die Vorbereitungen kümmern. Der Vorstoß von Von der Leyen ist für den rechtskonservativen Premier nur eine willkommene Herausforderung. 

Er reagierte prompt mit einer harten Retourkutsche. Die Pride sei und bleibe eine illegale Veranstaltung. Wer an ihr teilnehme, begehe eine Straftat - und die werde im harmlosesten Fall mit Geldstrafen von 500 Euro geahndet. Wer sich aber an der Organisation in irgendeiner Form beteilige, oder auch nur zur Teilnahme öffentlich aufrufe, müsse mit Haftstrafen rechnen.

Dutzende EU-Parlamentarier in Budapest dabei

Doch genau das haben inzwischen rund 70 Abgeordnete des EU-Parlaments vor. Sie sind unterwegs nach Budapest, um an der Parade teilzunehmen und haben vielfach öffentlich zur Teilnahme aufgerufen. In Budapest findet schon am Freitag eine Pressekonferenz statt, an der viele der Abgeordneten teilnehmen, unter anderem einer der Vizepräsidenten des EU-Parlaments, Nico Stefanuta, Vertreter der rumänischen Grünen. 

Bürgermeister gegen Premier: Wer kontrolliert die Polizei?

Rückendeckung bekommen die Abgeordneten nicht nur aus Brüssel, sondern auch durch die Lokalpolitik in Budapest. Die Hauptstadt ist traditionell liberal regiert und steht in direkter Opposition zum Regierungschef. Bürgermeister Gergely Karacsony hat die Veranstaltung schon vor einigen Tagen übernommen, also die Stadtverwaltung zum Veranstalter erklärt. Damit habe Orbans Verbot "keinerlei Bestand". Ein etwaiger Einsatz der Polizei werde nicht genehmigt.

Lena Schilling spendet Gehalt für Demonstranten

Orban aber will sich daran nicht halten und hat Einheiten der Polizei außerhalb von Budapest mobilisiert. Außerdem haben die staatlichen Behörden Gegendemonstrationen zur Pride zugelassen, die von Rechtsextremisten organisiert wurden. Gewaltsame Zusammenstöße scheinen unvermeidlich. 

Davon nicht irritieren lässt sich Lena Schilling, EU-Abgeordnete der österreichischen Grünen. Die 24-Jährige hat sich von Anfang an hinter die Budapester Pride gestellt und als eine der ersten Parlamentarier ihre Teilnahme angekündigt. Außerdem hat Schilling ihr Gehalt als EU-Abgeordnete für die Veranstalter gespendet, damit sie etwaige Strafzahlungen finanzieren können. Die Teilnehmer kämpften für ihre Grundrechte: "Menschenrechte gelten für jeden überall, egal wen man liebt, ob in Ungarn, Österreich oder sonst wo“, so Schilling, und fügt hinzu: “Wenn queeres Leben bedroht wird, dann ist unsere Präsenz umso wichtiger. Wir sind hier, um zu sagen: 'Ihr seid nicht allein - Europa steht mit euch, laut und bunt'.“ 

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