Vorbild Ungarn: FPÖ-Funktionär kann sich Verbot der Pride vorstellen

VIENNA PRIDE 2025 - REGENBOGENPARADE
"Solche Dinge", sagt der FPÖ-Landesparteisekretär, sollen "nicht öffentlich zelebriert werden." Neos und Grüne kritisieren die Aussagen scharf.

Im Interview mit einem oberösterreichischen Regionalsender sagt Michael Gruber, Landesparteisekretär der FPÖ, er könne sich ein Verbot der Pride in Österreich "durchaus vorstellen". Ungarn, wo die Regierung die Parade untersagt hat (die aber trotz drohender Strafen am kommenden Samstag in Budapest stattfinden soll), wird als Beispiel genannt. 

Begründet wird dies mit dem "Kinderschutz". Darauf pocht auch Gruber im TV-Interview - angestachelt vom Moderator, der Bilder von früheren Paraden zeigt.

Der Neos-Parlamentsklub hat auf die Aussagen aufmerksam gemacht, und auch die Grünen in Oberösterreich reagieren am Montag empört. 

Aus der FPÖ heißt es am Montag, das "zur Schau stellen von sexuellen Handlungen" sei für einen Großteil der Gesellschaft schwer nachvollziehbar. Die Aussage des Landesparteisekretärs bezüglich Verbot kommentiert man nicht. 

Gruber erklärt in dem Interview, die linken Parteien würden suggerieren, dass das "die neue Normalität sein soll". Die FPÖ halte da "klar dagegen". Dass "solche Dinge öffentlich zelebriert" werden, sei "nicht normal" - auch nicht, dass dies vor den Augen von Kindern geschehe und Steuergeld dafür aufgewendet werde.

"Jeder nach seiner Façon in seinen vier Wänden, ist unser Zugang, da gibt es nichts zu rütteln. Jedoch kein Zwang in der Öffentlichkeit oder obszöne Inszenierungen", so Gruber.

"Freiheit, Gleichheit, Menschenwürde"

Der Neos-Klub im Parlament macht auf das Interview, das wenige Tage vor der Wiener Pride-Parade am vergangenen Wochenende veröffentlicht wurde, aufmerksam. Es sei das erste Mal, dass ein Funktionär der Freiheitlichen Partei "derart offen eine Maßnahme fordert, die sich gegen die queere Community richtet - und damit direkt gegen das Recht auf Versammlungsfreiheit, welches in der Verfassung garantiert ist". 

Neos-LGBTIQ-Sprecherin Henrike Brandstötter kritisiert die Aussagen Grubers scharf: "Die FPÖ will Österreich in eine Richtung bewegen, in der Hass und Diskriminierung wieder salonfähig werden. Wer in Österreich die Pride unter dem fadenscheinigen Deckmantel von Kinderschutz verbieten will, stellt sich auch gegen die Grundwerte unserer Republik: Freiheit, Gleichheit und Menschenwürde."

Es ist nicht das erste Mal, dass sich der FPÖ-Landesparteisekretär aus Oberösterreich zum Diversitätsthema äußert: Im Vorjahr hat er in einem Social Media Video eine Regenbogenfahne in einen Mistkübel gestopft und gesagt: "Wir wollen ein Manderl und ein Weiberl und dann gibt's Kinder. Und dann hat unsere Gesellschaft Zukunft." 

Die Staatsanwaltschaft Linz wollte daraufhin gegen Gruber ein Verfahren wegen des Verdachts auf Verhetzung einleiten, ein Ansuchen auf Aufhebung seiner Immunität als Abgeordneter wurde im Landtag mit den Stimmen von FPÖ und ÖVP aber abgelehnt.

"Freiheitliche entlarven sich als Feinde der Freiheit"

Die Neos sehen in dem jüngsten Stellungnahme ein erneutes offenes Bekenntnis zu einem politischen Kurs, der sich in seiner Ablehnung von Vielfalt und Menschenrechten nicht vom autoritären Stil von Ungarns Premier Viktor Orbán unterscheide. 

Regenbogenparaden seien, so Brandstötter, "ein Symbol für eine offene, vielfältige Gesellschaft, in der jeder Mensch ohne Angst und Diskriminierung leben und lieben kann". Ein Verbot, wie es Gruber vorschlägt, sei ein "Angriff auf die Freiheit und die Würde aller Menschen". Die Freiheitliche Partei entlarve sich damit als "Feind der Freiheit".

Brandstötter: "Unsere Antwort auf Hass und freiheitliche Verbotsfantasien ist Sichtbarkeit, Solidarität und Zusammenhalt. Die Pride gehört zu Österreich - und das bleibt auch so." Bei der Gelegenheit betonen die Neos erneut ihre Unterstützung der Community. "Wir stehen an der Seite der Community und werden entschlossen jede Form von Rückschritt, Ausgrenzung und autoritärem Denken bekämpfen."

Die Neos-LGBTIQ-Sprecherin Henrike Brandstötter wird übrigens - wie auch Neos-Klubchef Yannick Shetty, die SPÖ-Abgeordneten Mario Lindner und Maria Wieninger sowie die Grünen David Stögmüller, Meri Disoski und Peter Kraus - zum "Pride-March" am 28. Juni in Budapest fahren.

"Politische Entgleisung, kein Ausrutscher"

Auch die Grünen in Oberösterreich betonen am Montag die Grundwerte der Pride: Respekt, Vielfalt und Selbstbestimmung. Über ein Verbot dieser Demonstration auch nur nachzudenken, sei nicht nur demokratiepolitisch höchst bedenklich, sondern auch weltfremd und ein "Angriff auf einen wichtigen Teil unserer Gesellschaft", heißt es von Landessprecher Stefan Kaineder und Landtagsabgeordneter Ines Vukajlović zu den Aussagen des FPÖ-Landesparteisekretärs. 

"Dass Herr Gruber letztes Jahr eine Regenbogenfahne demonstrativ in den Müll warf, war bereits geschmacklos und tief genug. Jetzt aber träumt er öffentlich davon, queere Sichtbarkeit zu verbieten – das ist eine politische Entgleisung, die nicht mehr unter die Kategorie ‚Ausrutscher‘ fällt", so Kaineder. 

Am vergangenen Samstag hat die Pride in Linz stattgefunden, rund 13.000 Menschen - unter ihnen auch Vukajlović und Kaineder - sind mitmarschiert. "Wer da noch behauptet, die Pride sei eine Randerscheinung, lebt nicht in der Realität, sondern in einer freiheitlichen Fantasiewelt." 

"Zur Schau stellen sexueller Handlungen"

Der KURIER hat den FPÖ-Klub im Parlament mit den Aussagen des oö. Landesparteisekretärs konfrontiert. Die Frage: Pride-Verbot, ja oder nein?, wurde dabei nicht beantwortet. 

Inhaltlich heißt es aus dem Parlamentsklub zum Thema Pride: "Das zur Schau stellen von sexuellen Handlungen im öffentlichen Raum unter dem Deckmantel der Gleichberechtigung ist für den Großteil der Gesellschaft schwer nachvollziehbar." Das nehme "immer erschreckendere Formen" an. Verwiesen wird auch aus dem Parlamentsklub auf den Kinderschutz. 

Die diesjährige Pride hätte von den Veranstaltern "eigentlich abgesagt werden sollen", fügt der Parlamentsklub noch als "Nebenaspekt" hinzu. "Aus Rücksichtnahme auf die Opfer und Hinterbliebenen des Amoklaufs von Graz." 

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