Premier Draghi "verzweifelt" über Salvinis geplanten Putin-Besuch
Der italienische Premier Mario Draghi ist derzeit wirklich nicht zu beneiden. Im Land muss er Reformen bis Ende des Monats vorlegen, damit Italien 21 Milliarden Euro an Hilfsgeldern aus dem EU-Corona-Wiederaufbau-Fonds „Next Generation“ bekommt.
Und in der Ukraine-Problematik fuhr ihm gerade sein Koalitionspartner in die Parade: Lega-Chef Matteo Salvini, wie viele europäische Rechtspopulisten bisher sehr Russland-freundlich, hatte angekündigt, nach Moskau fliegen zu wollen – um dort Kremlchef Wladimir Putin einen vierstufigen Friedensplan vorzulegen. Die Entrüstung war groß, auch in Salvinis eigener Partei – er musste zurückziehen.
Die meisten hatten von seinem Plan gar nichts gewusst, den Salvini mit seinem neuen Berater für Außenpolitik ausgearbeitet hat: Antonio Capuano, ehemaliger Parlamentarier von Silvio Berlusconis Forza Italia.
Auch Mario Draghi war nicht eingeweiht, was Kommentatoren dazu veranlasste, Italiens Glaubwürdigkeit auf internationaler Ebene in Zweifel zu ziehen.
"Nur Draghis Verantwortungssinn drängt ihn, weiterzumachen"
Verzweifelt dürfte auch der Premier selbst gewesen sein – wenn man den Äußerungen des ansonsten sehr wortkargen Wirtschaftsministers Giancarlo Giorgetti, eigentlich ein Parteikollege von Salvini, Glauben schenken darf: „Es besteht in der Tat eine gewisse politische Niedergeschlagenheit. Nur Draghis Verantwortungssinn drängt ihn, weiter zu machen.“
Zuvor hatte der Ressortchef schon mit den Worten aufhorchen lassen, Draghis Geduld sei zu Ende – der zweitwichtigste Lega-Politiker bezog sich dabei auf Salvinis geplanten Moskau-Trip, aber auch auf die Reformblockade.
Diese ist auch den anstehenden Wahlen geschuldet: Am 16. Juni stehen zahlreiche Gemeinden und deren Führung zur Disposition – und kommendes Jahr wird das nationale Parlament in Rom neu gewählt.
Besonders hitzig debattiert wurde die Wettbewerbsreform, weswegen Draghi gedroht hat, diese mit einem Vertrauensvotum zu verknüpfen. Dabei geht es auch um die Strandkonzessionen. Jetzt hat man sich doch noch zu einer grundsätzlichen Einigung zusammengerauft. Zuvor hatte ein Abgeordnete von Ex-Premier Berlusconi gedroht: „Es kommt uns kein ausländischer Konzessionsbetreiber auf unsere Strände.“ Andrea Affaticati, Rom
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