Lega-Chef Salvini wird in Italien rechts überholt - von einer Frau
Für Matteo Salvini, Chef der rechtspopulistischen Lega, sieht es im Moment nicht gut aus. Nicht nur, dass die Lega stark an Zustimmung verloren hat, der Rechtspartei Fratelli d’Italia („Italienische Brüder“) ist es unter der Führung von Giorgia Meloni auch gelungen, die Lega zu überholen.
Laut Umfragen liegt diese heute mit knapp 16 Prozent auf Platz drei, Fratelli d’Italia mit 21,5 Prozent auf Platz eins.
Schatten der Vergangenheit
Im September 2019 lag die Lega dagegen noch bei 33, Fratelli d’Italia nur bei knapp sieben Prozent. Zwar könnte das Mitte-Rechts-Lager heute mit einem Sieg rechnen, bei der Regierungsbildung würde aber Fratelli d’Italia den Ministerpräsidenten beziehungsweise die Ministerpräsidentin stellen, nicht die Lega.
Lange wurden die 45-jährige Römerin Meloni und ihre „Brüder“ an den Wahlurnen von den Schatten der Vergangenheit eingeholt. Ihre Partei war schließlich aus dem in der Nachkriegszeit gegründeten, neofaschistischen Movimento Sociale hervorgegangen.
Zwar war Meloni immer darauf bedacht, sich bei Auftritten nie in ihrer Wortwahl zu vergreifen, eindeutig und unwiderruflich hat sie den Faschismus aber nie verurteilt.
Geradlinigkeit
Für viele der Wähler, die sie mittlerweile dazugewonnen hat, scheint das aber nach zwei Jahren Pandemie und dem Krieg in der Ukraine endgültig kein Thema mehr zu sein. Sie schätzen Melonis Geradlinigkeit ebenso wie ihren Widerstand gegenüber politischen Verlockungen.
Anders als die Lega hat sich Meloni im Laufe dieser Legislaturperiode, in der mittlerweile die dritte Regierung im Amt ist, nämlich nie zu einer Regierungsbeteiligung verleiten lassen.
Auch bei der Staatspräsidentenwahl im Februar hat Meloni Wort gehalten: Das Mitte-Rechts-Lager hatte sich davor klar gegen eine Wiederwahl von Sergio Mattarella ausgesprochen. Meloni blieb dabei, Salvini und Berlusconis Partei Forza Italia knickten ein. Tags darauf kündigte Meloni deswegen an: „Das Mitte-Rechts-Lager gibt es nicht mehr.“
Seitdem herrscht mehr oder weniger Funkstille zwischen den Rechtsparteien Italiens. Damit aber nicht genug: Ende April berief Meloni eine Parteikonferenz in Mailand ein; also in jener Stadt, in der Lega und Forza Italia zu Hause sind. Salvini hielt wiederum dieses Wochenende eine Lega-Konferenz in Rom ab.
Neuwahlen im Herbst?
Diese symbolischen Sticheleien kann man im Hinblick auf die Parlamentswahlen im nächsten Frühjahr schon als Wahlkampfauftakt sehen. Vorausgesetzt, die von Mario Draghi geführte breite Regierungskoalition hält bis dahin. Denn es rumort heftig.
Vor allem die Fünf-Sterne-Bewegung, die in den Umfragen bei 13,3 Prozent liegt, (2018 gewann sie die Wahlen mit 33 Prozent der Stimmen) versucht, sich Gehör zu verschaffen. Ihr Vorsitzender, Ex-Premier Giuseppe Conte, legt Draghi immer wieder Stolpersteine in den Weg. Conte ist zum Beispiel strikt gegen weitere Waffenlieferungen an die Ukraine.
Schon in einigen Wochen könnte klar sein, ob es wirklich zu Neuwahlen kommt: Am 12. Juni finden in 978 italienischen Gemeinden Bürgermeisterwahlen statt. Zwar sind von den Großstädten nur Palermo, Catanzaro und Genua dabei, trotzdem gelten sie als erster großer Test.
Kommentare