Nachfahren des letzten Königs wollen Italiens Kronjuwelen zurück
Die Kinder des letzten Königs Umberto II. kämpfen vor Gericht um die Rückgabe der Preziosen – erhalten aber nicht einmal von Monarchisten Unterstützung.
In einem Tresor der italienischen Notenbank schlummert seit 1946 ein Schatz, von dem viele Italiener nichts wissen. Es handelt sich um die Kronjuwelen des ehemaligen Königshauses Savoyen, Halsketten, Ohrringe, Diademe, eingearbeitete Diamanten und Perlen. Diese Preziosen fordern jetzt Vittorio Emanuele, Maria Gabriella, Maria Pia und Maria Beatrice, die Kinder von Umberto II., dem letzten König Italiens, zurück.
Der Monarch hatte die Schatulle am 5. Juni 1946, gleich nach der Volksabstimmung, bei der sich die Mehrheit der Italiener für die Republik ausgesprochen hatte, dem damaligen Vorsitzenden der Notenbank, Luigi Einaudi, übergeben – mit dem Hinweis, die Juwelen sollten „denjenigen zur Verfügung stehen, die Anspruch darauf haben“. Eine Formulierung, die sich für den italienischen Staat tückisch anhört, weswegen die Juwelen seit 75 Jahren in einem Tresor ruhen.
Schätzwert: 300 Millionen Euro
Nur einmal – 1976 – wurde die versiegelte Schatulle zu einer Bestandsaufnahme geöffnet. Bei dieser Inspektion war auch der Juwelier Gianni Bulgari anwesend, der der Tageszeitung Corriere della Sera unlängst sagte: „Ich erinnere mich an meine Enttäuschung. Ich fragte mich, das sollen also die Kronjuwelen sein?“ Geschätzt werden sie auf 300 Millionen Euro.
Was für den Staat eine heikle Sache darstellt, ist für die Nachfolger von Umberto II. glasklar: Die Kronjuwelen gehören ihnen. Wobei man es zuerst mit einer Mediation versucht habe, sagt Rechtsanwalt Sergio Orlandi, der die Savoyen vertritt, zum KURIER. Da aber weder die Regierung noch das Finanzministerium dieser zugestimmt hätten, gehe man jetzt vor Gericht. „Umberto II. hatte seinerzeit die Kronjuwelen dem italienischen Staat zur Verwahrung gegeben“, betont Orlandi, „wenn ich aber etwas zur Verwahrung gebe, dann heißt es doch, dass es mir gehört und ich es wieder haben kann, oder?“
Das sehen die Kritiker anders. Sie berufen sich auf ein Gesetz aus dem Albertinischem Statut, so hieß die Verfassung aus dem Jahr 1850. Darin werde eindeutig festgelegt, so wird argumentiert, dass etwa die königlichen Paläste nicht im Privatbesitz des Herrschergeschlechts seien, sondern dem Staat gehörten. Folgerichtig seien daher alle Prunkbauten nach dem Ende der Monarchie „verstaatlicht“ worden – auch der Quirinalspalast, heute Sitz des Staatspräsidenten. Orlandie meint aber: „Die Juwelen kann man diesen Besitzständen nicht gleichstellen.“
Kein „Privatbesitz“
Anderer Meinung ist Alessandro Sacchi, Rechtsanwalt und Vorsitzender des italienischen monarchischen Bundes. „Als Umberto II. die Schatulle mit der Anweisung übergab, fragte ihn Einaudi noch, ob das wirklich notwendig sei. Der König blieb unbeirrt“, erzählt Sacchi dem KURIER. „Er war sich sicher, es handle sich dabei nicht um Privatbesitz.“
Sacchi weist auch auf die Kronjuwelen der britischen Monarchie hin. „Diese befinden sich im Tower of London. Sie gehören weder der Königin noch ihren Nachkommen, sondern dem britischen Volk.“ Das alles soll aber kein Persilschein für den italienischen Staat sein, hebt Sacchi hervor. Dass dieser die Juwelen seit einem Dreivierteljahrhundert hinter Schloss und Riegel halte, anstatt sie dem italienischen Volk zugänglich zu machen, sei mehr als beklagenswert.
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