Mattarella und Draghi, oder: Zwei Routiniers als Retter Italiens

Mattarella und Draghi, oder: Zwei Routiniers als Retter Italiens
Der wiedergewählte Staatschef und der nicht ins Präsidentenamt abgewanderte Premier garantieren für die nächsten zwölf Monate Stabilität

Ende gut alles gut. Die Italiener atmen auf und sind dem Staatsoberhaupt Sergio Mattarella zutiefst dankbar, sich trotz all seiner Bedenken und persönlicher Pläne doch einer Wiederwahl zum Wohle des Landes gestellt zu haben.

Auf Twitter las man folgende Nachricht, die den meisten Italienern aus dem Herzen spricht: „Lieber Mattarella, danke, weil du dich deiner Verantwortung nicht entziehst. Freilich, wir müssten ein besseres Land sein: Wären wir es, hätten wir dich nicht um diese weitere Verpflichtung gebeten. Daher danke, aber bitte entschuldige uns auch.“

In der Tat war das Spektakel, das sich die politischen Parteien letzte Woche leisteten, wenig erbaulich und alles andere als zielführend.

Am Ende war es Premier Mario Draghi, der hinter den Kulissen zwischen den Parteien vermittelte, mit Mattarella sprach und ihn zu der Entscheidung brachte, die im Laufe der Wahldurchgänge immer mehr herbeigesehnt hatten. Mit 759 von 1009 Stimmen wurde der 80-jährige Mattarella Samstag Abend für ein zweites siebenjähriges Mandat gewählt.

Nicht nur in Italien, auch auf internationaler Ebene wurde seine Wiederwahl mit großer Erleichterung zur Kenntnis genommen. Mattarella hat während seines ersten Mandats immer wieder dafür gesorgt, dass Italien nicht von der EU Bahn abgewichen war.

Bei der ersten von Giuseppe Conte geführten Regierung, die aus einer Koalition von Fünf-Sterne-Bewegung und nationalpopulistischer Lega bestand, hatte er zumindest die Angelobung eines Lega-Ministers verweigert, der einen deklarierten Anti-EU Kurs vertrat.

Als sich dann vor einem Jahr die zweite von Conte geführte Regierung vollkommen verzettelte, war er es, der den ehemaligen Präsidenten der Europäischen Zentralbank Mario Draghi mit dem Amt des Premiers beauftragt. Und Draghi gelang das Kunststück, eine Regierungskoalition zu bilden, in der nicht nur alle Parteien, außer der rechten Fratelli d’Italia, vertreten sind, sondern diese auch auf Trab zu halten.

Etliche wichtige Reformen, darunter die der Justiz und des Steuersystems, wurden in die Wege geleitet, die Impfkampagne kam zügig voran, die von der EU Kommission geforderten Unterlagen für die Auszahlung der Gelder des EU Recovery Plans wurden zeitgerecht vorgelegt zusammen mit der Zeittafel ihrer Umsetzung.

Draghi macht Tempo

Mattarella und Draghi, eine bessere Konstellation hätte sich Italien im Moment nicht wünschen können. Jetzt heißt es aber zu sputen. Denn nächstes Jahr im Frühling sind Parlamentswahlen angesagt. Draghi ist sich dessen bewusst, und da er die Parteien aus der Sackgasse geholt hat, wird er, anders als in den vergangenen Wochen, Verzögerungen nicht mehr dulden. Für diese Woche hat er zwei Ministerkonferenzen einberufen. Dabei geht es um weitere Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung. Ab heute gilt außerdem für alle, die das 50. Lebensjahr überschritten haben, die Impfpflicht und es bleibt die Maskenpflicht im Freien. Am Donnerstagnachmittag wird Mattarella im Rahmen seiner zweiten Angelobung eine Rede halten. Es wird interessant sein zu hören, was er der Nation und den Parteien zu sagen hat. 

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