Pelosis Poker mit Peking: Landung in Taiwan

Untewegs nach Taiwan: Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi
Der Besuch der US-Parlamentspräsidentin auf der Insel heizt die ohnehin schon gefährlichen Spannungen zwischen China und den USA weiter an.

Russland führt Krieg gegen die Ukraine – doch Taiwan ist und bleibt die gefährlichste Krisenregion der Welt, mit Risiko-Potenzial zu einem amerikanisch-chinesischen Krieg. Genau dort, in der taiwanischen Hauptstadt Taipeh, landete die politische Nummer Drei der USA am Dienstagabend: Nancy Pelosi, Chefin des Repräsentantenhauses, ist auf Taiwan eingetroffen. Bis zuletzt hatte die Sprecherin des demokratisch dominierten US-Parlaments die Welt im Unklaren gelassen, ob sie auf ihrer Asien-Reise tatsächlich auch auf der Insel Stopp machen würde.

In China sieht man im Besuch der US-Spitzenpolitikerin einen gewaltigen Affront. Die Führung in Peking drohte mit Konsequenzen und schickte am Dienstag Militärflugzeuge nahe an eine Linie, die in Taiwan höchsten Alarm auslösen würde. Laut Taipeh drangen 21 chinesische Kampfjets in den Luftraum Taiwans ein. Zudem sind bis Samstag Militärmanöver angekündigt, weshalb mehrere Seegebiete im Südchinesischen Meer für die Schifffahrt gesperrt wurden. Zeitgleich mit den chinesischen Militäraktionen kreuzten in der Region um Taiwan mehrere US-Militärschiffe.  

Kurz – eine sorgfältig kalibrierte Demonstration der Stärke, aber keine rückhaltlose Eskalation. Trotzdem stieg auch in Taiwan die Nervosität: Das Militär erhöhte seine Kampfbereitschaft, die USA wiederum entsandten vier Kriegsschiffe in die Gewässer östlich von Taiwan.

Kräftemessen

Und so schaukelte sich der Besuch Nancy Pelosis zu einem amerikanisch-chinesischen Kräftemessen mit gehörigem Gefahrenpotenzial hoch. Die Führung in Peking betrachtet Taiwan als Teil der Volksrepublik. Wollten sich die Insel und ihre 24 Millionen Einwohner samt ihrer demokratisch gewählten Regierung offiziell für unabhängig erklären, wäre dies für Peking ein Kriegsgrund.

Das chinesische Außenministerium warf Washington mit Blick auf den Besuch Pelois ein "Spiel mit dem Feuer" vor. "Wer mit dem Feuer spielt, wird darin umkommen", erklärte Ministerium in Peking. Es wiederholte damit jene Aussage, die der chinesische Staats- und Parteichef Xi Jinping vergangene Woche in einem Telefonat mit US-Präsident Joe Biden gemacht hatte.

"Die chinesische Volksbefreiungsarmee ist in hohem Alarmzustand und wird mit einer Serie gezielter militärischer Aktionen antworten", erklärte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums am Dienstagabend. Die Manöver dienten der "ernsten Abschreckung gegen die jüngste Eskalation durch negative Schritte der USA in der Taiwanfrage und eine ernste Warnung an die Unabhängigkeitskräfte, die eine Abspaltung wollen", sagte der Sprecher. Es gehe um die Abwehr "der Einmischung ausländischer Kräfte und separatistischer Versuche von Unabhängigkeitskräften in Taiwan".

Staatschef Xi Jinping verfolgt das Ziel, die Insel wieder vollständig mit der Volksrepublik zu vereinen. Mit enormem diplomatischen Druck hat China begonnen, Taiwan in den internationalen Organisationen zu isolieren. Eine Taktik, die wirkte: Nur 13 Staaten und der Vatikan erkennen Taiwan als souveränen Staat an. Politiker, die es wagen, die Insel zu besuchen, werden mit Sanktionen bedroht.

Ein Druck, den wiederum die mit Taiwan militärisch verbündeten USA nicht hinnehmen: „Wir lassen uns nicht einschüchtern“, wies der Sprecher des Nationalen US-Sicherheitsrates, John Kirby, das Poltern aus Peking zurück. Gleichzeitig hatte US-Präsident Joe Biden gebremst: Er habe Parlamentspräsidentin Pelosi die Bedenken des US-Militärs überbracht, „dass jetzt vielleicht nicht der beste Moment für einen Taiwan-Besuch sei“.

Peking aber sieht dies als abgekartetes Spiel: Ohne die Zustimmung der US-Führung hätte Pelosi Taiwan niemals anfliegen können, sie erhielt enormen Geleitschutz des US-Verteidigungsministeriums.

Und so sieht sich China einmal mehr in seiner Annahme bestätigt: Die USA benützten Taiwan und bereiteten die Insel auf ihre Unabhängigkeit vor mit dem Ziel, den Aufstieg des ungeliebten Konkurrenten China einzudämmen. Sicherheitssprecher Kirby betonte am Dienstag abermals: „Wir unterstützen eine Unabhängigkeit Taiwans nicht.“

Doch in Peking sitzt die Skepsis tief – und das nicht erst, seit US-Präsiden Biden drei Mal erklärt hat: Die USA würden im Fall eines chinesischen Angriffs auf Taiwan militärisch intervenieren. Die Folgen wären: unvorhersehbar katastrophal

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