Peinliche Demokraten-Panne: Mehrere Kandidaten reklamieren Sieg

Peinliche Demokraten-Panne: Mehrere Kandidaten reklamieren Sieg
Die Panne in Iowa wirft ein verheerendes Licht auf die Demokratische Partei in Iowa und ihre Funktionstüchtigkeit.

Der Auftakt des Wahljahres hätte für Amerikas Demokraten kaum misslicher verlaufen können. Anders als in Vorjahren gab es am Wahlabend (Montag) im US-Bundesstaat Iowa, der traditionell den Anfang macht, bis Mitternacht (Ortszeit) keine verlässlichen Ergebnisse.

Die Erklärungen der Parteizentrale, man gehe bei der Auszählung auf Nummer sicher, da ein neues System bei der Gewichtung der Stimmen eingeführt wurde, klangen hilflos und beschönigend. Wie sich herausstellte, funktionierte die Übertragung der Einzelergebnisse aus den 1700 Wahllokalen per Handy-App an die Zentrale in Des Moines nicht. Auch der als für Notfälle gedachte Berichtsweg via Telefon gelang nicht reibungslos.

Spitzenkandidaten wie Amy Klobuchar, Joe Biden, Bernie Sanders und Pete Buttigieg machten aus der Not eine Tugend. Zur Geisterstunde gingen sie live vor ihre Anhänger und spielten - nicht wissend, wer gewonnen und wer verloren hat - politische Überbrückungsmusik.

Peinliche Demokraten-Panne: Mehrere Kandidaten reklamieren Sieg

Buttigieg, mit 38 Jahren der jüngste Bewerber, ging dabei am weitesten: Er sagte, es sehe so aus, als könne er "siegreich" in die kommenden Vorwahlen ziehen. Beweise? Keine. Joe Biden wiederum säte grundsätzliche Zweifel am Auszählungsprozess und machte "beträchtliche Mängel" geltend. Ob er das Ergebnis, so es denn offiziell vorliegt, anfechten wird, blieb offen.

Der linksgerichtete Senator Bernie Sanders hat nach Angaben seines Wahlkampfteams die erste Vorwahl der Demokraten im US-Bundesstaat Iowa für sich entschieden. Der 78-Jährige liege nach Auszählung von knapp 40 Prozent der Stimmen mit gut 28,6 Prozent vor dem früheren Bürgermeister Pete Buttigieg, der auf 25,7 Prozent komme, teilte Sanders' Wahlkampfteam unter Berufung auf interne Berechnungen mit.

Die erhebliche Verzögerung bei der Auszählung der erwarteten maximal 200 000 Stimmen zwang die Kandidaten zu Terminverschiebungen. Etliche sind am frühen Dienstagmorgen bereits in New Hampshire gebucht, wo am 11. Februar die zweite Vorwahl stattfindet.

Die Panne in Iowa wirft ein verheerendes Licht auf die Demokratische Partei in Iowa und ihre Funktionstüchtigkeit. Aus etlichen Wahlbezirken wurde "Chaos und Verwirrung" gemeldet. Weil die technische Übertragung der Resultate nicht funktionierte, wurden Wahlhelfer angewiesen, die Zahlen per Handy-Kamera zu fotografieren und als SMS an die zuständigen Stellen zu senden. Auf dem Sender CNN war ein Wahlhelfer live zu hören, der nach einer Stunde in der Telefon-Warteschleife mit der demokratischen Parteizentrale in Des Moines einfach abgehängt wurde.

Als Gewinner der Pleite gilt schon jetzt der Milliardär Michael Bloomberg. Er ließ den Premieren-Wahlgang in Iowa aus und steigt erst am 3. März ins Rennen ein.Die republikanische Gegenseite reagierte mit Spott und versuchte aus der Mega-Panne umgehend Kapital zu schlagen. Tenor: Den Präsidenten wollen sie stellen, die Demokraten, können aber nicht mal eine mickrige Vorwahl unfallfrei absolvieren. Brad Parscale, Wahlkampf-Manager von Präsident Donald Trump, äußerte auf Twitter ohne jeden Beleg sogar den Verdacht, der Wahlgang in Iowa sei “manipuliert”.

Trumps ältester Sohn, Donald Jr., ätzte, wahrscheinlich steckten "die Russen" dahinter. Unterdessen zeichnet sich ab, dass es für die US-Demokraten in diesem Wahljahr ein einziges Hauptthema gibt: Donald Trump um jeden Preis aus dem Weißen Haus zu vertreiben. So gab der überwältigende Teil der Wähler (62%) ihn Iowa nach Stimmenabgabe an, dem Kandidaten den Zuschlug gegeben zu haben, von dem sie glauben, dass er die besten Chancen hat, Trump am 3. November zu schlagen. “Electability” - Wählbarkeit - war demnach das Hauptmotiv beim Wahlgang.

 

Nur 36 Prozent erklärten nach einer Umfrage des “National Election Pool (NEP)”, einem Konsortium von Medien-Organisationen, dass sie einen Kandidaten bevorzugten, der mit ihnen bei zentralen politischen Themen übereinstimmt.Wer von den elf Bewerbern das Rennen macht, ist zur Stunde - 8 Uhr MEZ - immer noch offen.

Weil die demokratische Partei die Regeln für das ohnehin komplizierte Abstimmungsverfahren (caucus) für 2020 geändert hat, kamen die konsolidierten Ergebnisse viel später als erwartet. Mandy McClure, Sprecherin der Demokraten in Iowa, erklärte dies anfangs mit “Qualitätskontrollen”. Die “Integrität der Wahlen” müsse über allem stehen. Gegen 5 Uhr MEZ waren erst 25 Prozent der Stimmen ausgezählt.

Ein Detail stach bei den üblichen "Exit-Poll-"Umfragen  hervor: 57 % der Wähler stimmten mit einer zentralen Forderung der Kandidaten Bernie Sander und Elizabteh Warren überein. Die beiden Senatoren machen sich für einen allgemeine, staatliche Krankenversicherung stark.

 

Anders als erwartet, zeichnet sich laut Parteisprechern keine Rekordbeteiligung in Iowa ab. Die Bestmarke aus 2008, damals traten Barack Obama und Hillary Clinton gegeneinander an, liegt bei 240 000 (bei knapp drei Millionen Einwohnern) oder 40 %. 2016 waren es 172 000 oder 29 %.

Wahlen gehen am 11. Feber weiter

Die Entscheidung in Iowa wird in einem altertümlich anmutenden Verfahren namens “Caucus” gefällt. Dabei kamen wahlberechtigte, eingetragenen demokratische Wähler am Montagabend ab 19 Uhr an rund 1700 Orten - von Schulen über Kirchen bis zu Turnhallen und Gemeindezentren - zusammen.

Bei diesen Treffen teilen sich die Teilnehmer nach kurzer Diskussion über ihre Präferenzen anhand von Namensschildern auf und erklären so ihre Zustimmung zu Kandidat A oder B. Damit die Stimmen Einfluss haben, muss eine Wählergruppe mindestens 15 Prozent der Gekommenen auf sich vereinen. Wer in einer Gruppe ist, die unter diesem Wert bleibt, kann in einer einzigen weiteren Runde entweder in das Camp eines anderen Kandidaten wechseln oder sich zu den “Unentschiedenen” zählen.

Erst danach wird ausgezählt. Iowas Wähler entscheiden letztlich nur über einen Bruchteil (41) der rund 4000 gebundenen Delegierten, die im Juli in auf dem Parteitag in Milwaukee/Wisconsin den demokratischen Präsidentschaftskandidaten offiziell aufstellen. 2000 sind nötig zum Sieg. Die Vorwahlen gehen am 11. Februar im Neu-England-Bundesstaat New Hampshire weiter.

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Für Aufregung sorgten in Sozialen Netzwerken zehntausendfach verbreitete Meldungen der rechtskonservativen und Trump-freundlichen Lobbyist-Gruppen “Judicial Watch und “Turning Point USA”. Sie hatten den Eindruck erweckt, in Iowa würden die Vorwahlen manipuliert, da die Wähler-Registrierungen auffällig hoch seien. Paul Pate, der republikanische Innenminister Iowas, warf den Urhebern “Desinformation” vor. Facebook erklärte später, dass seine eigenen Fakten-Checker die Vorwürfe “falsch” seien - aber nicht gegen die Veröffentlichungs-Richtlinien des Konzerns verstießen.

Die erwartete klare Sache wurde der “caucus” in Iowa bei den Republikanern, der de facto nur als Regularie durchgeführt wurde. Amtsinhaber Donald Trump kam nach ersten Medienberichten auf über 96 % der Stimmen. Die Konkurrenten - der ehemalige Gouverneur von Massachusetts, Bill Weld, und der konservative Radio-Moderator und frühere Kongressabgeordnete, Joe Walsh - blieben gemeinsam unter zwei Prozent.

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