Paul Ryan bleibt der starke Mann bei den Republikanern

Der ehemalige Trump-Kritiker wurde fast einstimmig als Vorsitzender des US-Abgeordnetenhauses wiedergewählt.

Der Republikaner Paul Ryan ist als Vorsitzender des US-Repräsentantenhauses wiedergewählt worden. 239 der 435 stimmberechtigten Abgeordneten votierten für den Parlamentarier aus Wisconsin. Der 46 Jahre alte Ryan hatte den Posten bereits vor mehr als einem Jahr übernommen und sich rasch als politisches Schwergewicht etabliert.

Im Vorfeld zu der Wahl am Dienstag hatte es dennoch Spekulationen gegeben, ob sich Parteifreunde Ryans bei der Abstimmung von ihm abwenden. Das Votum fiel in den Reihen der Republikaner - abgesehen von einer abtrünnigen Stimme - dann aber fast einstimmig aus.

Im Wahlkampf war Ryan wiederholt als Kritiker des künftigen Präsidenten Donald Trump aufgetreten. Zuletzt hatte Ryan sich jedoch in Parteidisziplin geübt. Zuletzt verzichteten die Republikaner unter seiner Führung auf ein umstrittenes Reformvorhaben. Am Montagabend hatte sich die Fraktion noch mehrheitlich dafür ausgesprochen, die Befugnisse der unabhängigen Ethikbehörde des Kongresses in Washington zu beschneiden. Nach der Kritik Trumps, dass das Vorhaben nicht dringlich sei, zog die Fraktionsführung die Vorlage zurück.

"Konzentriert euch auf die Steuerreform"

Trump hatte sich über Twitter nicht gegen den Inhalt der Reform, sondern gegen den Zeitpunkt ausgesprochen. "Bei all dem, an dem der Kongress zu arbeiten hat - müssen sie wirklich die Schwächung des unabhängigen Ethiküberwachungsgremiums, so ungerecht es sein mag, zu ihrer ersten Tat und Priorität machen?", fragte Trump.

"Konzentriert Euch auf die Steuerreform, Gesundheitsversorgung und so viele andere Dinge von weit größerer Bedeutung", forderte der künftige US-Präsident die Abgeordneten auf, die er mit seiner Twitter-Botschaft dann tatsächlich auf seine Linie brachte.

Der Plan der Republikaner hatte vorgesehen, die bisher unabhängige Ethikbehörde Office of Congressional Ethics künftig direkt dem Kongress zu unterstellen. Die Reform sollte nach ursprünglichem Plan am Dienstag der gesamten Parlamentskammer zur Abstimmung vorgelegt werden. Die Republikaner im Repräsentantenhaus hatten die Reform am Montag - und damit an einem Feiertag in den USA - mit 119 Ja- gegen 74 Nein-Stimmen auf den Weg gebracht.

Paul Ryan hatte sich gegen die Reform der Ethikbehörde ausgesprochen, fand dafür in der Fraktion aber keine Mehrheit. Eingebracht wurde der Gesetzentwurf von dem Abgeordneten Bob Goodlatte. Die Neuregelung solle die Ethikbehörde "stärken", hatte er am Montag erklärt. Sie spiele im Repräsentantenhaus eine "ernstzunehmende und wichtige Rolle", ihre Arbeit werde durch die Reform keinesfalls "erschwert".

Scharfe Kritik an Vorstoß

Die Ethikbehörde war 2008 nach einer Reihe von Korruptionsskandalen eingeführt worden. Einige Abgeordnete beklagten sich darüber, dass das Gremium bei Ermittlungen gegen sie die grundsätzlich geltende Unschuldsvermutung nicht respektiert habe.

Die Reformpläne sahen vor, dass die Parlamentarier Ermittlungen der Ethikbehörde beenden können. Außerdem sollte das Gremium sein Recht verlieren, eigenständig Mitteilungen zu verbreiten.

Die Kritik der Demokraten an dem Vorstoß der Republikaner war scharf ausgefallen. Die Ethikregeln seien "das erste Opfer" des neuen Kongresses, warnte die demokratische Minderheitsführerin im Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi.

Am 20. Jänner übernimmt Trump das Präsidentenamt von Barack Obama. Das neue Staatsoberhaupt wird im Kongress relativ freie Hand haben, da die Republikaner beide Kongresskammern kontrollieren - welche Reformen die Republikaner angehen wollen, lesen Sie hier.

Kommentare