von Simone Weiler
Über einen ganzen langen Sommer hinweg hat er Paris, seine Bewohner und Besucher, verzückt, als ein Symbol für eine Zeit, die fröhlicher und leichter war als der sonstige Alltag. Jeden Abend stieg der Feuerring mit der Olympischen Flamme vom Tuilerien-Garten beim Louvre 30 Meter hoch in den Himmel, bestaunt und bejubelt von Tausenden Menschen.
Doch er sollte vergänglich sein - das war von Anfang an klar. Am vergangenen Wochenende, als die französischen Medaillengewinner bei einer „Champions-Parade“ auf der Prachtstraße Champs-Élysées noch einmal gefeiert wurden, hatte der Ballon seinen letzten Flug; seitdem bauten ihn die Techniker ab und entließen nach und nach 6.000 Kubikmeter Helium.
Sie ist endgültig zu Ende, diese „zauberhafte Auszeit“, wie man in Frankreich die Olympischen und Paralympischen Spiele zwischen Ende Juli und Anfang September nannte. Die Verantwortlichen selbst erschienen bei ihrer Abschluss-Bilanz regelrecht überwältigt. „Wir sind stolz und beeindruckt“, sagte Tony Estanguet, Präsident des Organisationsteams Paris 2024, mehrfacher Medaillengewinner im Kanu-Slalom.
Olympische Rekorde
Mit über zwölf Millionen verkauften Eintrittskarten wurde ein olympischer Rekord gebrochen; die Sportstätten waren im Schnitt zu 95 Prozent gefüllt. Doch über die reinen Zahlen hinaus habe ihn vor allem die tolle Stimmung mitgerissen. „Frankreich hat sich wagemutig, verrückt, großzügig gezeigt und die Welt mit Lächeln und mit Tränen empfangen.“
Tränen der Freude natürlich, wie Estanguet anfügte. Er nannte weitere Rekorde, die in dieser 33. Ausgabe der Sommerspiele gebrochen wurden, wie hinsichtlich der Zuschauerzahl bei den Basketball- und Handball-Matches und mehrerer Wettbewerbe der Paralympics. Über eine Million Menschen verfolgten das Radsport-Straßenrennen von den Bürgersteigen aus.
Weltweit wurden mehr Zuschauer vor ihren Fernsehgeräten und Computern gezählt als je zuvor. Das nutzt der internationalen Anziehungskraft von Paris. Ein Fonds mit 47 Millionen Euro entstand zur Finanzierung sozialer Projekte. Im sozial benachteiligten Departement Seine-Saint-Denis nördlich von Paris, wo die Hälfte der Elfjährigen nicht schwimmen können, bekamen seit 2020 dank der Fördergelder rund 10.000 Kinder entsprechenden Unterricht.
In Marseille veranstaltet ein Verein Kanu-Kurse für Jugendliche aus benachteiligten Vierteln. Auch startete die Kampagne „Mehr Bewegung“ mit dem Ziel, dass in allen französischen Klassen täglich mindestens eine halbe Stunde Sport getrieben wird.
Olympisches Dorf wird Wohnviertel, Seine Badefluss
Da viele sportliche Strukturen bereits bestanden, gab es wenige Neubauten. Errichtet wurden im Norden der Hauptstadt unter anderem eine Sportarena, ein großes Schwimmzentrum sowie das Olympische Dorf, das nun in der Folge in ein modernes Wohnviertel umgewandelt wird.
Insgesamt wurden in diesen von Beton geprägten Vorstädten 9.000 Bäume und Sträucher gepflanzt. Die Seine wird ab nächstem Jahr ein Badefluss, dank der umfassenden Reinigung vor Olympia, die insgesamt 1,4 Milliarden Euro gekostet hat.
Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo hat zudem angekündigt, dass die Olympischen Ringe an der Fassade des Eiffelturms bleiben, bis Los Angeles 2028 die nächsten Spiele austrägt, und „vielleicht sogar darüber hinaus“. Die Agitos, das Symbol der Paralympischen Spiele, die den Triumphbogen schmückten, werden am Rande der Champs-Élysées angebracht.
Was den Feuerring angeht, so steht noch nicht fest, ob die Nostalgiker ihm wirklich für immer „Adieu“ sagen müssen oder nur „Au revoir“, „Auf Wiedersehen“. Hidalgo setzt sich für die Idee einer dauerhaften Installation ein. Sie wolle, dass die Menschen in Paris immer „an diesen historischen Moment erinnert werden“, schrieb sie an Präsident Emmanuel Macron. Macron versprach, darüber nachzudenken.
Alle 100 Jahre
Der Designer Mathieu Lehanneur, der das Konstrukt gestaltet hat, zeigte sich hingegen skeptisch. Er wolle, dass der Ring intakt bleibe - in der Erinnerung. Die Debatte zeigt, wie schwer es vielen fällt, Abschied zu nehmen von der „verzauberten“ Phase. Die Spötter hingegen haben einen Trost: „Wir müssen nur ein Jahrhundert warten.“ Schließlich richtete Paris auch schon 1924 die Olympischen Spiele aus. Demnach wäre es 2124 wieder so weit.
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