Szenario: Deutsche Soldaten geraten in einen Hinterhalt, müssen sich rasch mit dem Schützenpanzer Puma absetzen – dieser kann erst losfahren, sobald die Hintertür geschlossen ist. Denn sonst könnten die Feinstaubwerte für das Fruchtwasser einer schwangeren Soldatin zu gefährlich werden.
Dies ist eine der 117 gesetzlichen Bestimmungen, die für den Schützenpanzer Puma erfüllt werden mussten. Doch auch das half nichts – bei einer Schießübung Ende vergangenen Jahres fielen 18 von 18 Pumas aus. Ob mangelnde Ausbildung der Soldaten oder Fehler in der komplexen Elektronik – im Ernstfall wären die Besatzungen der Schützenpanzer in schwere Bedrängnis geraten.
Dass dieses hochmoderne Gerät, das lange als die Zukunft der Schützenpanzer gesehen wurde, sich als zumindest verbesserungswürdig erweist, setzt eine jahrelange Folge von Pannen und Problemen bei der Deutschen Bundeswehr fort. Eine Pannenserie, für die die mittlerweile gescheiterte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht nicht viel kann.
183 der 289 Kampfpanzer Leopard 2 sind einsatzbereit – das ist so wenig, dass man auf sie im eigenen Bestand wahrscheinlich nicht verzichten will. Somit würde es bis Anfang kommenden Jahres dauen, der Ukraine Exemplare aus Deutschland zu liefern – so lange würden die Instandsetzungsarbeiten dauern.
Dennoch schien ihr Desinteresse, etwa an diesem Zustand zu verändern, zu hoch zu sein, als dass sie weiterhin als Ministerin tragbar gewesen wäre.. Die Entwicklung der geplanten Drohne „Euro Hawk“ wurde nach zehn Jahren und Ausgaben von 300 Millionen Euro gestoppt, um noch höhere Kosten zu verhindern – und das, während weltweit in Drohnen- und Drohnenabwehr investiert wird.
Wer auch immer Lambrecht folgt, übernimmt eine Bundeswehr, die zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt in einer massiven Krise steckt: Im Kriegsfall hätten die deutschen Streitkräfte derzeit Munition für zwei Tage – und das hat nicht nur mit den Lieferungen an die Ukraine zu tun. Um dem eklatanten Mangel entgegenzuwirken, wird das Rüstungsunternehmen Rheinmetall in Deutschland neue Munitionsfertigungen aufbauen, um die Bundeswehr „künftig unabhängig versorgen zu können“, wie es vonseiten Rheinmetall heißt.
„Sehr bestürzt haben mich Berichte von Soldatinnen und Soldaten über materielle Defizite in allen drei Einsatzgebieten. Die Einsatzbereitschaft von Großgeräten betrug teilweise nur knapp 50 Prozent“, schrieb Eva Högl, Wehrbeauftragte der SPD, in ihren Bericht. „Alltägliche Ausrüstungsgegenstände wie Schutzwesen oder Winterjacken wurden mitunter erst in das Einsatzgebiet nachgeschickt. Das ist völlig inakzeptabel“, schilderte sie weiter.
Im Bereich der Luftabwehr auf kurze Distanz ist man derzeit etwa gleich aufgestellt wie Österreich. Zum Vergleich: Österreich besitzt 24 Zwillingsflakgeschütze mit dem Kaliber von 35 Millimetern sowie 59 Starteinrichtungen für die leichte Fliegerabwehrlenkwaffe „Mistral“. In Deutschland wurde der seit Jahren ausgemusterte Flugabwehrkanonenpanzer Gepard (ebenfalls mit einem Zwillingsflakgeschütz ausgestattet) nur durch zwei Abwehrsysteme („MANTIS“, Anm.) ersetzt. Zusätzlich verfügt die Bundeswehr über sechs „Ozelot“, ein leichtes Flugabwehrsystem.
Für Högl geht es aber nicht nur um Waffen und Gerät: "Es geht einfach darum, dass die Toiletten funktionieren, dass die Duschen nicht verschimmelt sind, dass es Aufenthaltsräume gibt, dass ein Schwimmbad saniert wird", sagte sie etwa im Sommer. Högl könnte Lambrecht beerben, genießt aber nicht das Vertrauen des linken SPD-Flügels. In Interviews sprach sie sich für eine Wehrpflicht für Männer und Frauen gleichermaßen aus, fordert 300 Milliarden Euro zusätzlich, um den massiven Investitionsrückstau einzudämmen.
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