Olaf Scholz: Plötzlich Nummer eins im Land?

Olaf Scholz: Plötzlich Nummer eins im Land?
Für den Sozialdemokraten ging es im politischen Leben oft auf und ab, trotzdem hat er immer weitergemacht. Wer ist der Mann, der Kanzler werden könnte? Eine Spurensuche in Hamburg.

Knapp eine Stunde hat Annegret Raulfs von ihm erzählt, dann holt sie den Umschlag mit dem Klassenfoto aus der Tasche: "Erkennen Sie ihn?" Olaf Scholz sitzt in der ersten Reihe, rotes Hemd, weiße Hose und dazu passende Socken und Schuhe. Vier Jahre hat sie ihn an der Grundschule im Hamburger Stadtteil Rahlstedt unterrichtet. Blutjung sei sie gewesen, daher ist ihre Erinnerung so intensiv, berichtet sie. Andere würden wohl damit prahlen, dass sie es waren, die dem heutigen Finanzminister und Vizekanzler das Einmaleins beigebracht haben, doch die Frau lächelt bescheiden. Sie lässt wissen, dass er "ein ordentlich, fleißiger Schüler war, aber kein Streber". Genauso wenig sei er "Rädelsführer" gewesen, oder einer, "der sich mit anderen gekloppt hätte", eher "ruhig" und "abwartend".

Olaf Scholz: Plötzlich Nummer eins im Land?

Annegret Raulfs

Dass er jetzt rund um das Café, indem sie sitzt, als Kanzler plakatiert ist, fand sie anfangs komisch. Sie war bei aller Sympathie ein bisschen skeptisch, denn diese Position sei doch so entscheidend. "Ob du ihm das zutraust", fragte sie sich. Das war, als die SPD noch unter "ferner liefen" lag.

In den Umfragen stand sie weit unter den 20 Prozent, die sie 2017 eingefahren hatte. Seit dieser Niederlage hatte die SPD mehrere Vorsitzende. Auch Scholz bewarb sich um den Chefsessel. Doch ein Duo aus dem linken Flügel wurde von Jungsozialisten und dem nordrhein-westfälischen Landesverband als Antipoden zur Großen Koalition beworben und gewann. Manche dachten, dass Scholz, der Regierungsmitglied ist, hinschmeißen würde. Doch er blieb – und wurde Kanzlerkandidat. Seit Wochen liegt die SPD nun schon vor der Union. Wer hätte das gedacht?

Kommentare