Oberster US-Corona-Fighter im Clinch mit Trump

Oberster US-Corona-Fighter im Clinch mit Trump
In den USA gilt Anthony Fauci schon als Nationalheld - mit schwerem Stand. Immer wieder muss er den US-Präsidenten einfangen.

Nüchterne Klarheit und schonungslose Offenheit - so tritt der oberste US-Infektiologe Anthony Fauci derzeit fast täglich an die Öffentlich und informiert mit seiner unverkennbaren Reibeisen-Stimme über den aktuellen Stand der Corona-Krise. Der Leiter des Nationalen Instituts für Allergien und Infektionskrankheiten (NIAID) ist zu einem wahren Medizin-Star geworden, wird als „amerikanischer Held“ gefeiert - und ist damit ein Gegenpol zu US-Präsident Donald Trump, der die globale Pandemie lange Zeit heruntergespielt hatte und sich auch jetzt immer wieder von dem 79-jährigen Spezialisten korrigieren lassen muss.

Viele fragen sich: Wie lange kann das gut gehen bei einem Alphatier der Marke Trump, der keinen Widerspruch duldet?

Balanceakt

Es ist ein Balanceakt, den Fauci meistern muss, bei dem nicht nur medizinischer Sachverstand, sondern auch diplomatisches Geschick gefragt ist.

Einerseits erarbeitet der italienischstämmige Mediziner im Krisenstab des Weißen Hauses Maßnahmen im Kampf gegen die Pandemie und führt die Forschungsbemühungen zum Coronavirus an. Andererseits muss er immer wieder falsche oder irreführende Äußerungen Trumps einfangen - ohne den Präsidenten allzu sehr gegen sich aufzubringen.

Oberster US-Corona-Fighter im Clinch mit Trump

New York ist derzeit der Hotspot der Corona-Krise in den USA

Als Trump Anfang März angekündigt hatte, ein Impfstoff gegen das Coronavirus könne in wenigen Monaten zur Verfügung stehen, stellte Fauci klar, realistisch sei ein Zeitraum von einem oder eineinhalb Jahren. Als Trump vergangene Woche ein Malaria-Medikament als potenzielles Wundermittel in der Pandemie angepriesen hatte, mahnte der Infektiologe, bisher gebe es nur „anekdotische Evidenz“ für eine Wirksamkeit.

"Es wird schlimmer"

Während der Präsident immer wieder die Gefahr durch das Coronavirus herunterspielte, antwortete Fauci am 11. März bei einer parlamentarischen Anhörung auf die Frage, ob den USA das Schlimmste noch bevorstehe, ohne zu zögern mit „Ja“. Seine Ausführungen schloss er mit dem Satz: „Fazit: Es wird schlimmer.“ Spätestens da wussten alle in den USA um den Ernst der Lage.

Fakten gegen Trump

Regelmäßig tritt Fauci an Trumps Seite im Weißen Haus vor die Presse, wenn über die Arbeit der Coronavirus-Task-Force unterrichtet wird. Der neben dem bulligen Trump winzig erscheinende Mediziner hat eine erfolgreiche Strategie im Umgang mit dem Präsidenten entwickelt: Er korrigiert ihn nicht direkt, sondern stellt nüchtern die Fakten klar.

"Kann nicht vor Mikorofon springen"

„Ich kann nicht vor das Mikrofon springen und ihn wegdrücken“, sagte Fauci dem Wissenschaftsmagazin „Science“. In der „New York Times“ betonte der Mediziner: „Ich will nicht als harter Kerl auftreten, der sich dem Präsidenten entgegenstellt. Ich will nur, dass die Fakten stimmen. Und anstatt zu sagen: ,Sie liegen falsch', muss man nur ständig darüber sprechen, was die Daten und die Beweise sind.“

Große Kompetenz

Die große Kompetenz des Mediziners aus dem New Yorker Stadtteil Brooklyn steht außer Frage. Seit 1984 leitet er das Institut für Allergien und Infektionskrankheiten, verdiente sich große Anerkennung im Kampf gegen die Immunschwächekrankheit Aids und später gegen das Zika-Virus und Ebola.

2008 wurde Fauci mit der US-Freiheitsmedaille geehrt, einer der höchsten zivilen Auszeichnung in den USA. Viermal wurde ihm angeboten, die NIAID-Dachorganisation National Institutes of Health (NIH) zu leiten - Fauci aber lehnte ab.

Drei Stunden Schlaf

Der Kampf gegen das Coronavirus fordert ihm nun alles ab. In der „New York Times“ berichtete der 79-Jährige, er habe inmitten der Krise mehrere Nächte in Folge nicht mehr als drei Stunden Schlaf bekommen. Da sei es geradezu erholsam gewesen, wieder fünf Stunden am Stück schlafen zu können.

Fauci wird sich seine Kräfte gut einteilen müssen. Denn auf ein schnelles Ende der Pandemie deutet ebenso wenig hin wie auf ein besonneneres Krisenmanagement von Präsident Trump.

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