AKW Saporischschja vor Stromausfall und Angriffe auf Kupjansk
Angesichts heftiger Kämpfe bei der ostukrainischen Stadt Kupjansk haben die ukrainischen Behörden die Evakuierung von 37 Ortschaften in der Region angeordnet.
Laut einer Liste, die die städtische Militärverwaltung am Donnerstag veröffentlichte, handelt es sich neben kleineren Dörfern im nördlichen und südlichen Umland auch um die am Ostufer des Flusses Oskil gelegenen Teile der Stadt. Mehr als 11 000 Menschen, darunter 600 Kinder, seien betroffen, schrieb der Leiter der regionalen Militärverwaltung, Oleh Synjehubow.
Weiters in diesem Artikel:
- Tote bei Angriff auf Saporischschja
- Moskau meldet Drohnenangriff
- Drohnen-Angriffe auf der Krim
- Polen verlegt bis zu 10.000 Soldaten an Grenze zu Belarus
Die Ukraine hatte die Stadt Kupjansk im Gebiet Charkiw im vergangenen Jahr aus russischer Besatzung befreit. Die Stadt und das Umland wurden danach immer wieder Ziel des russischen Beschusses. In der Nacht zum Donnerstag soll eine Fliegerbombe des Typs Fab-25 das Gebäude der Stadtverwaltung beschädigt haben, wie Synjehubow auf seinem Telegram Kanal berichtete.
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Zudem sollen in derselben Nacht im nur wenige Kilometer entfernten Dorf Kindraschiwka zwei Zivilisten durch russischen Beschuss verletzt worden sein. Das Dorf steht nun ebenfalls auf der Liste der zu evakuierenden Ortschaften.
Auch fernab der Front im Westen der Ukraine wurden russische Angriffe gemeldet. Nach Angaben der örtlichen Behörden soll bei Dubno in der Region Riwne in der Nacht ein Öldepot durch einen russischen Drohnenangriff zerstört worden sein.
Insgesamt habe Russland in der Nacht zehn Kamikaze-Drohen iranischer Bauart gegen das Nachbarland eingesetzt, teilte die ukrainische Luftwaffe mit. Sieben davon seien von der Luftverteidigung abgeschossen worden. Unabhängig lassen sich Angaben aus dem Kriegsgebiet oft nicht direkt überprüfen.
AKW vor Stromausfall
Das ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja, das seit März 2022 von russischen Truppen kontrolliert wird, hat in der vergangenen Nacht erneut den Anschluss an seine Haupthochspannungsleitung verloren. Das berichtet der staatliche ukrainische Energieversorger Energoatom am Donnerstagmorgen.
Die Stromversorgung des AKW erfolge im Moment wieder über eine Notstromleitung. Da diese aber weniger als die Hälfte der Kapazität hat, stehe das Kraftwerk nun vor einem Stromausfall.
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Die sechs Reaktoren des Kraftwerks sind bereits seit September abgeschaltet. Das Hauptproblem besteht nun laut Energoatom darin, dass der Reaktorblock 4 derzeit im Warmzustand sei und Dampf produziere.
Nuklearer Unfall möglich
Würden die Reaktoranlagen des AKW aufgrund fehlender elektrischer Versorgung nicht mehr ausreichend gekühlt werden, könnte dies zu einem nuklearen Unfall führen.
Energoatom appelliert nun erneut an die russischen Streitkräfte, das Kernkraftwerk unverzüglich wieder unter Kontrolle des rechtmäßigen Betreibers zu stellen. Dadurch könnte die Sicherheit der Anlage wiederhergestellt werden.
Die russischen Besatzungstruppen hatten Ende Juli Reaktorblock Nummer vier wieder in den Warmzustand versetzt, um Reparaturen an Reaktorblock Nummer fünf durchzuführen. Kiew hat diesen Schritt bereits als gefährlich kritisiert. Im Warmzustand produziert ein Reaktor keinen Strom, aber Dampf.
Tote bei Angriff auf Saporischschja
Drei Menschen seien bei einem russischen Angriff auf die Stadt Saporischschja gestorben, teilte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij über Telegram mit. Rettungskräfte seien im Einsatz, erklärte er, ohne Details zu nennen. In einem von ihm am Mittwoch veröffentlichten Video ist zu sehen, wie Rauch aus schwerbeschädigten Gebäuden neben einer Kirche aufsteigt.
Russland werde für solche Verbrechen verurteilt werden, schrieb der Staatschef auf Telegram. Nach Angaben aus der frontnahen Stadt in der Südukraine wurde ein Wohnviertel getroffen.
Eine Kirche und mehrere kleine Läden seien beschädigt worden. Die ukrainische Seite machte keine Angaben, mit welcher Art von Waffe die Stadt beschossen wurde. Russland führt seit 17 Monaten einen Angriffskrieg gegen das Nachbarland.
Moskau meldet Drohnenangriff
Die russische Hauptstadt Moskau ist Bürgermeister Sergej Sobjanin zufolge erneut Ziel eines Drohnenangriffs geworden.
Zwei Drohnen seien gegen 4.00 Uhr Ortszeit (3.00 Uhr MESZ) von der Luftabwehr abgeschossen worden.
Ende Juli/Anfang August war die russische Hauptstadt mit dem Wolkenkratzerviertel Moskwa City binnen drei Tagen zweimal Ziel eines feindlichen Drohnenangriffs geworden. Mehrere Drohnen wurden nach russischen Angaben abgeschossen. Allerdings wurde auch die Fassade eines Glasturms getroffen.
Drohnen-Angriffe auf der Krim
Russische Streitkräfte haben unterdessen in der Nähe der Halbinsel Krim der Nacht elf ukrainische Drohnen abgeschossen.
Zwei ukrainische Drohnen seien in der Nähe der Stadt Sewastopol abgeschossen worden, "neun weitere (...) sind ins Schwarze Meer gestürzt", hieß es vonseiten des russischen Verteidigungsministeriums am Donnerstag.
Polen verlegt bis zu 10.000 Soldaten an Grenze
Polen will bis zu 10.000 Soldaten an die Grenze zu Belarus verlegen. 4.000 sollten den Grenzschutz direkt unterstützen, 6.000 seien in Reserve, sagte Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak in einem Radiointerview am Donnerstag.
"Wir verlegen die Armee näher an die Grenze zu Belarus, um den Aggressor abzuschrecken - und damit er es nicht wagt, uns anzugreifen."
Polen fürchtet um seine Sicherheit, seit Hunderte Wagner-Söldner im vergangenen Monat nach ihrem aufgegebenen Putschversuch in Russland nach Belarus gegangen sind.
Das belarussische Militär hält diese Woche eine Übung in der Nähe der Grenze zu Polen ab.
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