Eine Wahl, die auch Scholz und Merz zittern lässt

Eine Wahl, die auch Scholz  und Merz zittern lässt
Die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am Sonntag birgt viel Zündstoff für den Bund - wer verliert, bekommt Probleme mit der eigenen Partei.

Von den Plakaten lächeln beide. „Für euch gewinnen wir das Morgen“, steht darunter, der Rahmen ist rot. Allein, so schimpfen manche SPDler, hätte Thomas Kuschaty wohl wenig Chancen gehabt, zu unbekannt ist der rote Eisenbahnersohn. Mit Olaf Scholz an der Seite wäre es aber ein Leichtes, dem CDUler Hendrik Wüst am Sonntag das Ministerpräsidentenamt in Nordrhein-Westfalen (NRW) abzujagen.

Das mag sicher gestimmt haben, als die Plakate im Herbst in Druck gingen. Jetzt, einen Krieg, Debatten um schwere Waffen und Nicht-Besuche des Kanzlers in Kiew später, sieht die Welt anders aus: Die SPD hat die Wahl in Schleswig-Holstein letzten Sonntag desaströs an die CDU und deren Nachwuchshoffnung Daniel Günther verloren, und Scholz sinkt im Beliebtheitsranking auf Plätze, die eines Kanzlers unwürdig scheinen. Auch wenn er unverdrossen vom Beginn des „sozialdemokratischen Jahrzehnts“ spricht: Nach Rückenwind aus Berlin sieht das nicht aus.

Die „rote Herzkammer“

18 Millionen Menschen leben in NRW, 13 davon sind wahlberechtigt, und nicht nur die Größe des Bundeslandes ist der Grund, warum der Urnengang dort „kleine Bundestagswahl“ genannt wird. Hier wurden politische Karrieren begonnen – und beendet: Gerhard Schröder wurde dort in den 1990ern groß, als das Bundesland mit seinen Zechen und der Schwerindustrie noch „rote Herzkammer“ Deutschlands war. Die Abwahl der SPD 2005 dort läutete dann auch sein Ende als Bundeskanzler ein – seither ist Nordrhein-Westfalen ein „Swing State“, wird abwechselnd von rot und schwarz regiert.

Der Grund dafür? NRW ist nicht nur das größte, sondern wohl das am schwersten zu regierende Bundesland Deutschlands. Nirgends sind die sozialen Unterschiede größer, nirgendwo gibt es mehr Verkehrsprobleme, Clankriminalität, marode Infrastruktur und Lücken im Bildungssystem. Der Politik wurde stets vorgehalten, zu wenig daran ändern zu wollen, ja gar unbeteiligt zu sein.

Kopf an Kopf

Auch Hendrik Wüst, der das Ministerpräsidentenamt erst vor knapp einem Jahr vom später an Scholz gescheiterten Armin Laschet übernommen hat, schleppt diesen Vorwurf mit. Als im Sommer 2021 die Flutkatastrophe das Bundesland unter Wasser setzte, geriet Wüst, der sich sonst gern als Law-and-Order-Politiker inszeniert, in Bedrängnis. Seine Umweltministerin wollte die Krise nämlich vom Urlaub aus Mallorca managen – mit seinem Sanktus.

In Umfragen liegen er und Kuschaty derzeit Kopf an Kopf. Holt der CDUler den nächsten schwarzen Wahlsieg nach Daniel Günther in Schleswig-Holstein, wären das die besten Nachrichten für seinen Parteichef: Friedrich Merz fasst nach Startschwierigkeiten gerade Tritt auf der Oppositionsbühne, die CDU liegt in Umfragen wieder vor der SPD. Günther und Wüst wären dann auch potenzielle Kandidaten für die nächste Bundestagswahl.

Für Scholz hingegen wäre es der nächste Dämpfer nach dem 16-Prozent-Desaster im Norden. Die leisen internen Diskussionen über seinen Kurs würden dann unüberhörbar werden. Allein, Merz muss Ähnliches fürchten: Versagt Wüst, wäre sein Höhenflug so schnell vorbei, wie er begonnen hat – und die CDU hätte die nächste Vorsitzdebatte.

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