Allein die letzte Zahl lässt demokratische Strategen abwinken. Biden, so die Analyse, zeige schon heute erhebliche Verschleißerscheinungen; etwa bei unchoreografierten Äußerungen, die später wieder eingefangen werden müssen. David Axelrod, zu Zeiten Barack Obamas, dem Biden als Vize diente, eine zentrale Beraterfigur in der Regierung, sagt: „Die Präsidentschaft ist ein ungeheuer anstrengender Job.
Und die krasse Realität ist, dass der Präsident näher an der 90er als an der 80er-Marke wäre am Ende einer zweiten Amtszeit. Und das wäre ein gravierender Punkt.“ Axelrod meint: ein möglicher Grund für demokratische Wähler-Enthaltung 2024.
Joe Biden hat bekundet, in zwei Jahren wieder antreten zu wollen. Den Gepflogenheiten nach musste er das tun. Kein Präsident seit Lyndon B. Johnson 1968 hat ein Wiederwahl-Szenario ausgeschlossen. Andernfalls wäre Biden umgehend zur lahmen Ente deklariert worden. Aber: Ambition heißt nicht zwangsläufig Verwirklichung derselben. Biden hat seine Karrierepläne konditioniert: „Wenn ich die Gesundheit habe, die ich jetzt besitze, wenn ich bei guter Gesundheit bin, dann würde ich tatsächlich antreten.“
Auf ein amtsärztliches Bulletin wollen viele Demokraten an Schlüsselstellen der Partei nicht warten. Als die einflussreiche Partei-Linke Alexandria Ocasio-Cortez jüngst in einem Interview gelöchert wurde, ob sie Biden 2024 unterstützen wird, druckste die Kongress-Abgeordnete aus New York herum.
Schließlich sagte sie: Man werde sich das ansehen, wenn es so weit sei. Übersetzt heißt das wohl: eher nicht. Ocasio-Cortez und ihresgleichen rufen oft in Erinnerung, dass sich Oldie Biden seinerzeit als Ein-Mann-Bollwerk gegen Donald Trump angeboten und als „Übergangsfigur“ bezeichnet hatte, die den Weg für die nächste Generation demokratischer Führungsfiguren freimachen würde. Aber für wen?
Harris im Umfragetief
Vize-Präsidentin Kamala Harris hat den Nachteil, dass ihre Umfragewerte sogar noch unter denen Bidens rangieren.
Nach Harris werden ein gutes Dutzend Namen gehandelt. Da sind zunächst die üblichen Verdächtigen, die Biden Platz machen mussten: die Senatoren Bernie Sanders, Elizabeth Warren und Amy Klobuchar. Aber auch der junge Verkehrsminister Pete Buttigieg gehört in den Anwärterpool. Wie auch umtriebige Gouverneure namens Phil Murphy aus New Jersey und Gretchen Whitmer aus Michigan sowie J.B. Pritzker aus Illinois. Oder Wirtschaftsministerin Gina Raimondo.
Noch nimmt niemand Biden offen ins Visier. „Nach den Zwischenwahlen im Kongress im November“, sagen demokratische Strippenzieher, „ist die Schonzeit vorbei.“
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