Neuwahlen als Ausweg? Brexit-Krise spitzt sich weiter zu

Brexit-Gegner
Der Druck auf die britische Premierministerin May steigt. Diese Woche wird sich zeigen, ob sie politisch überlebt.

Für Theresa May beginnt heute die Woche der Wahrheit. Bis Sonntag hat die Premierministerin noch Zeit, eine Mehrheit ihrer Parteikollegen von ihrem Brexit-Plan zu überzeugen, bevor in Birmingham der konservative Parteitag startet, der über Mays politische Zukunft entscheiden wird.

Derzeit sieht diese düster aus – lehnen doch neben der EU auch große Teile der Tories den nach dem Landgut „Chequers“ benannten Plan strikt ab.

Als wäre die Lage nicht chaotisch genug, berichtete die Sunday Times gestern, dass May ihre Mitarbeiter angewiesen habe, einen Notfallplan für Neuwahlen im November auszuarbeiten. Mit dem Votum, so spekulierte das Traditionsblatt, wolle sie sich in der Bevölkerung Rückendeckung für ihren Plan holen.

Allerdings hat May schlechte Erfahrungen mit von ihr ausgelösten Neuwahlen gemacht: Seit denen im Juni 2017 regieren die Tories nur mehr mit hauchdünner Mehrheit. Brexit-Minister Dominic Raab dementierte den Times-Bericht dementsprechend vehement.

Rücktrittsdrohungen

Die oppositionelle Labour-Partei würden Neuwahlen freuen: Vorsitzender Jeremy Corbyn forderte diese beim Parteitag in Liverpool gestern wortstark ein. Aber auch ein von Gewerkschaften, linker Parteibasis und vom prominenten Londoner Bürgermeister Sadiq Khan gefordertes zweites Brexit-Referendum schloss er nicht aus.

Neuwahlen als Ausweg? Brexit-Krise spitzt sich weiter zu

Corbyn

Der Druck auf May, ihre harte Position (u. a. freier Warenverkehr, aber keine Personenfreizügigkeit; keine Sonderregelungen für Nordirland) aufzugeben, steigt aber auch parteiintern immer mehr.

Heute wollen mehrere Minister laut Telegraph auf einen „Plan B“ als neue Verhandlungsbasis mit Brüssel pochen. Sollte May der Forderung nicht nachkommen, drohen der Zeitung zufolge nach den Abgängen von Außenminister Boris Johnson und Ex-Brexit-Minister David Davis im Juli weitere Rücktritte.

Davis engagiert sich übrigens mittlerweile mit dem Rechtspopulisten Nigel Farage von der UKIP in der sogenannten „Save Brexit Campaign“.

Entscheidende Gipfel

Wie sieht nun der Brexit-Fahrplan für die kommenden Wochen aus?

Zwei Wochen nach dem Tory-Parteitag findet am 18. und 19. Oktober der nächste EU-Gipfel zum Thema Brexit statt. Auf diesem sollte ursprünglich der Vertrag zwischen London und Brüssel besiegelt werden, was aber nicht zu schaffen sein wird.

Mitte November ist daher ein weiterer Gipfel geplant. Spätestens dann sollte es eine Einigung geben, damit bis zum britischen EU-Austritt am 29. März 2019 sowohl das britische als auch das Europäische Parlament und mindestens 20 der 27 EU-Staaten den Ausstiegsvertrag ratifizieren können.

Sollte es keine Einigung geben, würde Großbritannien einen sogenannten „harten“ Brexit ohne jede Vertragsbasis vollziehen müssen – mit ungeklärten Folgen für Politik, Wirtschaft und Menschen.

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