Wahlen als Weg aus der Brexit-Sackgasse

Ein Urnengang gibt den Briten die Chance, ihre Beziehung zu den Parteien und zur EU neu zu klären.
Margaretha Kopeinig

Margaretha Kopeinig

Im Brexit-Prozess hat das Endgame begonnen: Die EU zeigt Härte, weil es keinen Anreiz für Nachahmer geben darf. Theresa May sagt, sie würde notfalls auch ohne Deal den Verhandlungstisch verlassen, ein harter Brexit ohne Vertrag wäre die Folge. Das würde die EU um 60 Milliarden Euro Austrittszahlung bringen und erhebliche wirtschaftliche Folgen für den Binnenmarkt haben.

Ein Abkommen zwischen London und Brüssel ist also nicht in Sicht – im Gegenteil. Jetzt werden sowohl von der Premierministerin als auch vom oppositionellen Labour-Chef, Jeremy Corbyn, vorgezogene Parlamentswahlen im November als Ausweg aus dem Chaos gefordert.

Die Premierministerin erwartet sich von Neuwahlen Rückendeckung der Bevölkerung für ihren Austrittsplan (den die EU als Rosinenpicken ablehnt) und zugleich für ihre Arbeit als Regierungschefin. Corbyn will die Wahl gewinnen und dann einen weichen Brexit mit Brüssel verhandeln. Er ist ein verbissener Europa-Gegner, kommt aber durch proeuropäische Labour-Schwergewichte wie dem Londoner Bürgermeister Sadiq Khan sowie jungen Labour-Anhängern zunehmend unter Druck. Sie wollen ein zweites Referendum, um den Brexit-Zug zum Stoppen zu bringen. Ihr Anliegen ist der Verbleib in der EU, weil sie im europäischen Verbund und nicht in einer splendid isolation ihre Zukunft sehen.

Die Lage im Vereinigten Königreich ist dermaßen verfahren, dass Neuwahlen mit faktenbasierender Information an die Wähler eine Katharsis im aristotelischen Sinne bedeuten würden: nämlich die Reinigung als Effekt der Tragödie.

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