Sabotageakte im Meer: "Russland und China versuchen, uns auszutesten"

Von Gaspipelines wie Nord Stream II oder Balticconnector bis zu Unterseekabeln: Sie alle wurden seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine mutwillig zerstört, die Fälle bis heute nicht restlos aufgeklärt. Im Verdacht stehen Russland und China, denen Experten vorwerfen, einen "hybriden Krieg" gegen den Westen zu führen.
Jeremy Stöhs ist ein solcher Experte. Der Grazer forscht seit Jahren zu maritimer Sicherheitspolitik. Im KURIER-Interview analysiert Stöhs die Gefahr für Europas maritime Infrastruktur, die Sinnhaftigkeit der angekündigten NATO-Patrouillen in der Ostsee und erklärt, wie man solche Angriffe in Zukunft verhindern könnte.
Der Österreicher Jeremy Stöhs forscht seit 2016 am Austrian Center for Intelligence, Propaganda, and Security Studies (ACIPSS) sowie Kieler Institut für Sicherheitspolitik (ISPK) in den Abteilungen für Maritime Strategie und Sicherheit sowie Terrorismus- und Radikalisierungsforschung.

Jeremy Stöhs
KURIER: Die NATO hat angekündigt, bald mit Kriegsschiffen in der Ostsee patrouillieren zu wollen. Hilft das, Pipelines und Unterseekabel zu schützen, oder ist das eine symbolische Maßnahme?
Jeremy Stöhs: Es ist schon sinnvoll, dass man hier politischen Zusammenhalt signalisieren und abschreckend wirken will. Meiner Meinung nach fokussieren sich die Medien aber zu sehr auf die Streitkräfte. Vielmehr sollte man darauf schauen, was andere Behörden machen, etwa die Küstenwache, die Polizei, der Zoll. Die führen nämlich einen wichtigen Teil der Meeresüberwachung durch.
Man muss hier vielleicht erklären: Pipelines und Unterseekabel sind keine staatliche Infrastruktur, sie werden fast immer von privaten Unternehmen verlegt. Diese Firmen haben oft ihre eigenen Abteilungen zur Informationsgewinnung und überwachen zum Teil auch ihre eigene Infrastruktur.
Die Herausforderung besteht darin, die Informationen all dieser an der Meeresüberwachung beteiligten Organisationen zusammenzutragen. Es gibt zwar Systeme, in denen das funktioniert - zum Beispiel arbeiten Finnland, Schweden, Polen und die baltischen Staaten gut zusammen - aber insgesamt brauchen wir eine bessere nachrichtendienstliche Vernetzung.
Diese Angriffe finden fast immer in internationalen Gewässern statt und werden von vermeintlich zivilen Schiffen durchgeführt, etwa, indem sie ihren Anker über den Meeresboden schleifen. Wie können Behörden das verhindern, man kann doch nicht jedes zivile Schiff stoppen?
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