"Narrative gegen Juden sind oft Teil des Alltags"

Katharina von Schnurbein, Koordinatorin der EU-Kommission zur Bekämpfung von Antisemitismus
Katharina von Schnurbein, Koordinatorin der Europäischen Kommission zur Bekämpfung von Antisemitismus, verwehrt sich dagegen, dass bestimmte Parteien beim Antisemitismus nur auf Muslime zeigen.

"Jede Form von Antisemitismus ist inakzeptabel. Es ist immer einfach, von einer Seite auf die andere zu zeigen", sagt Katharina von Schnurbein, die Koordinatorin der Europäischen Kommission zur Bekämpfung von Antisemitismus. Damit weist sie im Gespräch mit dem KURIER die Annahme zurück, dass die Gefahr des muslimischen Antisemitismus wesentlich größer sei als rechter oder linker Antisemitismus. Vor islamisch motivierten Antisemitismus warnen derzeit besonders rechte und rechtsextreme Parteien.

"Wichtig ist, den Antisemitismus in den eigenen Reihen zu bekämpfen." Von Schnurbein betont aber, dass "antisemitische Ressentiments innerhalb der muslimischen Gemeinde größere Resonanz finden als in der Gesamtbevölkerung, weil die Narrative gegen Juden und Israel zu oft Teil des Alltags sind". Man sollte Muslime deswegen aber nicht "in die Ecke stellen, sondern überlegen, wie man Muslime und muslimische Organisationen erreicht, um diese Vorurteile anzusprechen und auszuräumen.

Vernetzung

Was tun gegen Judenhass und Judenfeindlichkeit? – Dieser Frage gehen derzeit Experten bei einer internationalen Konferenz in Wien nach (An End to Antisemitsm!), die vom European Jewish Congress initiiert wurde. Die deutsche EU-Beamtin führt die die Zunahme von Antisemitismus auf eine "gesamtgesellschaftliche Strömung, auf eine größere Polarisierung, auf die Suche von Sündenböcken und neuerdings auf aktueller werdende Verschwörungstheorien" zurück. "Die Zunahme antisemitischer Vorfälle und das Gefühl von Unsicherheit im Alltag von Juden ist sehr besorgniserregend", betont von Schnurbein.

Hass im Netz

Hetze und Hassreden im Internet nehmen ebenfalls zu. Die EU-Kommission hat einen Code of Conduct mit großen IT-Firmen 2016 abgeschlossen.Seit Ende 2015 beschäftigt sich Katharina von Schnurbein mit der Prävention und der Bekämpfung von Antisemitismus in der Brüsseler Behörde, und sie pocht darauf, dass alle Mitgliedsstaaten in gleicher Weise akzeptieren, dass Antisemitismus ein Problem ist. "Die Wahrnehmung in den einzelnen EU-Staaten ist noch sehr unterschiedlich."Ein Großteil der Arbeit der EU-Kommission ist es demnach, die Anerkennung, was Antisemitismus ist, herzustellen, und zu achten, dass die Mitgliedsländer Daten und Vorfälle gegen Juden tatsächlich erheben und die Zusammenarbeit zwischen Zivilgesellschaft, Exekutive und jüdischen Gemeinden verbessern.

Ende dem Antisemitismus

Kommentare