Nach Götterdämmerung für Trump nun auch eine für Biden?
Wenn Ron DeSantis bei den Republikanern in den Präsidentschaftsring steigt, könnte sich auch Joe Biden genötigt sehen, jemandem Jüngeren Platz zu machen
Pete Buttigieg ist 40. Er könnte es tun. Aber der immer noch bubenhaft dreinschauende Transport- und Infrastruktur-Minister im Kabinett des amerikanischen Präsidenten ist zu anständig, um Joe Biden auf ein dräuendes Dilemma zu stoßen: Denn sollte die bei den Republikanern nach den „Midterms“ begonnene Götterdämmerung von Donald Trump für die Wahl 2024 den Weg ebnen für den jungen Shooting-Star aus Florida, Gouverneur Ron DeSantis, dann käme der 46. Präsident der USA spätestens bei den traditionellen TV-Rede-Duellen in eine beklemmende Situation: Opa meets Enkel. Biden wäre im nächsten Wahlkampf fast 82, DeSantis gerade einmal 46.
Weil Amerika das Alter wertschätzt, aber noch mehr das Aufbruchsversprechen der Jugend, könnte Bidens kumulierte Lebensweisheit spätestens dann zum Handicap werden. Eine Verjüngungskur bei den Republikanern, sagen Beobachter in der Washingtoner Politik-Blase darum, könnte schon im kommenden Jahr dringlich werden, wenn in beiden Parteien das echte Warmlaufen für die Kandidatur 2024 beginnt.
Alter als Dauerthema
Die Debatte um das Alter Bidens war ja schon losgegangen, bevor er im Jänner 2021 auf den Treppen des Kapitols den Eid sprach. Meist anonym und besorgt im Ton äußern sich in unregelmäßigen Abständen demokratische Würdenträger in US-Leitmedien und warnen davor, die Altersfrage aus dem Blick zu verlieren. Sinnigerweise sind das oft Leute, die schon 1984 politisch aktiv waren. Damals konnte das Thema noch mit entwaffnendem Humor behandeln werden. So wurde der republikanische Präsident Ronald Reagan (73) in einer TV-Debatte mit seinem 57-jährigen Herausforderer Walter Mondale von den Demokraten einmal gefragt, ob er seinen Verpflichtungen geistig und körperlich gewachsen sei. Reagan konterte: „Natürlich. Aber ich werde Altersfragen in dieser Kampagne nicht thematisieren. Ich werde die Jugend und Unerfahrenheit meines Herausforderers nicht politisch ausschlachten.“ Mondale lachte. Amerika lachte. Reagan gewann die Wahl.
An eine Wiederholung im Jahr 2024 glaubt bei den Demokraten niemand. Tim Ryan, der im republikanischen Ohio ein beeindruckendes Rennen um den Senat führte und am Ende dem mit 40 Millionen Dollar Spenden-Geld unterstützten Trump-Zögling J. D. Vance den Vortritt lassen musste, sagte es zuletzt im Wochentakt: „Wir brauchen den Generationswechsel. Ich bin dagegen, dass Joe Biden 2024 erneut antritt.“
Das sehen laut Umfragen mindestens 50 Prozent der demokratischen Wählerschaft auch so – ohne jede Geringschätzung Biden gegenüber, der altersgemäß zuweilen herbe Aussetzer hat und Dinge trotz Teleprompter durcheinanderbringt. Sondern aus der Überzeugung, dass der Job im Weißen Haus die Kraft eines über 80-Jährigen übersteigt.
Darum werden Namen wie die des kalifornischen Gouverneurs Gavin Newsom und der Gouverneurin von Michigan, Gretchen Whitmer, die gerade beide eindrucksvolle Siege bei den „midterms“ feierten, bei Steh-Empfängen regelmäßig genannt. Auch die links-progressive Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez, die Senatorinnen Elizabeth Warren und Amy Klobuchar sowie die Gouverneure J. B. Pritzker (Illinois) und Phil Murphy (New Jersey), der bis 2013 US-Botschafter in Berlin war, kämen als potenzielle Kandidaten/-innen infrage.
Und natürlich auch Pete Buttigieg, der Biden zu Beginn der Vorwahlen 2020 gepiesackt und im Bundesstaat Iowa sogar hinter sich gelassen hatte. Buttigieg, einst Bürgermeister der Kleinstadt South Bend in Indiana, käme in puncto Frische am ehesten als Äquivalent zu Ron DeSantis in Betracht. Er ist vielsprachig, eloquent und verkörpert als schwuler Familienvater zweier Kinder das moderne, diverse Amerika, ohne als Nischen-Lobbyist für LGBTQ-Interessen zu wirken.
Zum Amtsende 86
Ronald Reagan war 77, als er 1989 aus dem Amt schied. Biden wäre, Wahlsieg vorausgesetzt, am Ende der nächsten Amtszeit im Jänner 2029 stolze 86 Jahre alt. Von einem Brücken bauenden Übergangspräsidenten, der in einer Amtszeit bereits diskret Führungspersönlichkeiten für die kommenden 20, 30 Jahre „ausbildet“, kann dann keine Rede mehr sein.
Aber Joe Biden reagiert auf die „Age“-Frage zuweilen altersstarrsinnig. Ob ihn beeinflusse, das sechs von zehn Amerikanern nicht wohl dabei wäre, wenn ein Mann seines Alters erneut nach dem höchsten Staatsamt griffe, wurde er neulich im Weißen Haus gefragt. Antwort: superschnelles und kategorisch „nein“.
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