In Ohio boxte sich zwar der Ex-Schriftsteller J.D. Vance („Hillbilly Elegy“) auf Trump-Ticket in den Senat durch. In Pennsylvania dagegen hatte der von Trump ausgesuchte Ex-TV-Doktor Dr. Mehmet Oz gegen das demokratische Urgestein John Fetterman das Nachsehen.
Auch in New Hampshire (Dan Bolduc), Pennsylvania (Gouverneurskandidat Doug Mastriano), Wisconsin (Gouverneurskandidat Tim Michels) und Michigan (Gouverneurskandidatin Tudor Dixon), um nur einige zu nennen, griff Trump daneben – seine Extremisten fielen durch.
Ausgerechnet in seinem Wahlheimat-Bundesstaat Florida ist dem 76-Jährigen in Gestalt von Ron DeSantis (44) quasi über Nacht ein veritabler Gegenspieler erwachsen. Der haushohe Wiederwahl-Sieg am Dienstag katapultiert den Gouverneur, der 2018 noch auf Trumps aktive Fürsprache angewiesen war, in die erste Reihe potenzieller Präsidentschaftsanwärter für 2024.
Weil Trump dort nur Platz für sich sieht, tut er, was er immer mit der internen Konkurrenz tat: Er versucht, sie frühzeitig wegzubeißen. „Wenn er antreten sollte, werde ich euch Dinge erzählen, die nicht sehr vorteilhaft sind. Ich weiß mehr über DeSantis als jeder andere. Mit Ausnahme seiner Frau, die in Wahrheit seine Wahlkampagne führt“, sagte Trump laut Wall Street Journal am Wahltag in Florida und fügte hinzu: „Ich denke, er könnte sich schwer schaden, falls er antritt. Ich denke, er würde einen Fehler machen. Die Basis würde es nicht gut finden.“
Große Ablehnung
Die Basis – damit meint Trump seine ihn verehrenden Anhänger. Dass das bei der Wahl 2024 nicht reichen könnte, dämmert im republikanischen Establishment vielen. Hinter vorgehaltener Hand reichte man sich dort gestern Zahlen aus Nachwahlbefragungen weiter: Sechs von zehn Wählern in Amerika lehnen Ex-Präsident Trump ab.
Das können in der „Grand Old Party“ viele nachempfinden, auch wenn sie sich nicht trauen, es offen zu sagen. Denn trotz seiner Abwahl vor zwei Jahren und ungeachtet strafrechtlicher Ermittlungen tingelt Donald Trump wie ein rachsüchtiger Privatier durchs Land, lockt in Zehntausende zu Kundgebungen an, sammelt Spenden in dreistelliger Millionenhöhe und droht, Amerika stehe am Abgrund und könne nur unter seiner Führung genesen.
Inoffizieller Vorstand
Dass er sich dabei zum inoffiziellen Personal-Vorstand der republikanischen Partei aufschwingt und einen fragwürdig qualifizierten Seiteneinsteiger nach dem anderen platziert, hat Mitch McConnell ihm nicht verziehen.
Der Senator aus Kentucky, Macht-Magier und Schaltstelle über viele Jahre, hasst Trump, was auf Gegenseitigkeit beruht. Trump hat offen anklingen lassen, dass aus seiner Sicht McConnell abgesetzt gehöre.
Trump ist „angreifbar“ geworden, sagen TV-Analysten. Wenn dann noch in einem der vielen Justiz-Verfahren Anklage erhoben würde, könnten sich Leute wie DeSantis als eine Art unbeschädigter Mini-Trump andienen. Als Mann, der „Trumpismus“ kann, jünger und ohne das eitle Drama-Queen-Gehabe des Chefs.
DeSantis wäre nicht allein. Auch Kristi Noem, Gouverneurin von South Dakota mit Drang nach Höherem, würde mit einer Kandidatur liebäugeln. Ähnliche Motive darf man Senator Ted Cruz, Ex-Vizepräsident Mike Pence, Ex-UN-Botschafterin Nikki Haley und Ex-Außenminister Mike Pompeo unterstellen.
Zwei Ewigkeiten
Über die tatsächlichen Chancen Trumps bei der Wahl in zwei Jahren sagt das natürlich nichts. 24 Monaten sind in der amerikanischen Politik zwei Ewigkeiten.
Aber Donald Trump weiß nun, dass die Konkurrenz nicht schläft und es auf ihn abgesehen hat. „Ohne die vielen katastrophalen, kaum vorzeigbaren Kandidaten, die Trump uns da eingebrockt hat, stünden wir heute besser da“, ruft ihm beispielsweise ein republikanischer Funktionär aus Pennsylvania auf Anfrage nach.
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