Nach drei Anläufen ist Merz am Ziel

Nach drei Anläufen ist Merz am Ziel
Als Anti-Merkel brachte er Fans wie Gegner in Wallung – nun haben CDU-Mitglieder den 66-Jährigen zum Chef gewählt. Was von ihm zu erwarten ist.

Für einen Augenblick fällt das Mikro aus, dann ist Friedrich Merz wieder am Wort: Er wirkt gefasst, nicht gerade euphorisiert. Vielleicht, weil er mit dem Ergebnis gerechnet und gleichzeitig begriffen hat: Nun muss er wirklich liefern. Nach zwei erfolglosen Anläufen hat er es geschafft. Der 66-Jährige ist neuer Chef der deutschen Christdemokraten. 62,1 Prozent der Parteimitglieder haben es so gewollt.

Dass der Mann aus dem Sauerland ein solches Ergebnis einfuhr, überrascht wenig. Er gilt als Liebling der Basis, bei seinen Versuchen, CDU-Vorsitzender zu werden, kam er zweimal mit einem knappen Ergebnis auf Platz zwei. Was das Bild einer gespaltenen Partei zeichnete in der Merz polarisiert wie elektrisiert. Wie überhaupt mit seiner Geschichte vom Merkel-Antipoden, den die Kanzlerin vom Fraktionsvorsitz der Union verdrängte und der 2018 doch zurückkehrte, um die am Boden liegenden CDU in alte glänzende Zeiten zurückzuführen – doch damals scheiterte er. Doch er verkörpert die Sehnsüchte, die manche in den Merkel-Jahren vermisst haben: Wirtschaftsaffinität, Rückbesinnung auf konservative Werte, Klartext.

Wie diese Geschichte nun weitergeht?

Vielleicht etwas anders, als Merzianer sich erhoffen. Die Partei ist nach dem 24,1-Prozent-Ergebnis bei der Bundestagswahl zutiefst verunsichert, es fehlt an Kurs und Führung. Seit Merkel 2018 den Vorsitz abgegeben hat, herrscht ein Macht-Vakuum, das weder Annegret Kramp-Karrenbauer noch Armin Laschet füllen konnten.

Brücken bauen

Merz wird die Erwartungen seiner Fans erfüllen müssen, zugleich ist es seine Aufgabe, jene zu integrieren, die ihn nicht gewählt haben. Es gilt, Brücken zu bauen und Vertrauen zu schaffen – zu den Frauen, Merkel-Anhängern, Christlichsozialen, die eine Rolle rückwärts fürchten, etwa bei gesellschaftspolitischen Themen.

Am Freitag spricht er von einem "Zerrbild", das von ihm entstanden sei. Und versichert: "Ich werde das Schritt für Schritt korrigieren." Seit Monaten übt er sich als Mann, der dazugelernt hat. Der sich nicht mehr als Einzel-, sondern als Teamspieler sieht, der Klimaschutz und sozialer Gerechtigkeit Priorität einräumt und findet, die CDU "muss modern werden".

Bei aller neuer Milde wird aber sicher noch mit alter Härte zu rechnen sein. Denn die Union sitzt nach 16 Jahren auf der Oppositionsbank. Sollte sich Merz den Fraktionsvorsitz erkämpfen, könnte er sich eine Bühne schaffen, um der neuen Regierung von SPD, Grünen und FDP Beine zu machen.

Auch das wird nicht einfach. Thematisch reicht das Ampel-Bündnis von links bis in die Mitte hinein, Rechtsaußen steht die AfD. Wenn die CDU dort andockt, könnte es zur Eruption kommen. Zudem stehen 2022 Wahlen in drei CDU-regierten Ländern an (Saarland, Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen), bei denen ein polarisierender Parteichef für wenig Freude sorgt. Schon gar nicht in Bayern, da wird zwar erst 2023 gewählt, doch um das Verhältnis zwischen CDU und CSU steht es schlecht. Mit seinem CSU-Gegenüber, Markus Söder, verbindet Merz bis auf die Vorliebe für klare Ansagen eher gegenseitige Abneigung.

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