Moskau nutzt die Schwächen der ukrainischen Luftabwehr gnadenlos aus

Moskau nutzt die Schwächen der ukrainischen Luftabwehr gnadenlos aus
Zu den nach wie vor zögerlichen Lieferungen aus dem Westen im Bereich der Luftabwehr kommt ein weiteres Dilemma Kiews.

Beinahe 190 Raketen und 140 Drohnen feuerten die russischen Streitkräfte vergangene Woche auf die Ukraine ab, beschossen vor allem die zivile kritische Infrastruktur: Staudämme, Kraftwerke, Umspannwerke. 1,5 Millionen Menschen sind ohne Strom, allein in der Stadt Charkiw sind 200.000 ohne Energie. Nothilfestellen schenken Trinkwasser an die Bevölkerung aus, Polizisten regeln den Verkehr, in Tankstellen werden Benzinkanister von Hand befüllt. 

Der größte private ukrainische Stromerzeuger DTEK verlor allein bei den Angriffen am Freitag nach Angaben des Versorgers Yasno 50 Prozent seiner Produktionskapazität. Am Montag meldeten ukrainische Behörden erneut massive russische Angriffe und Tote. 

Front oder Stadt?

Das Ziel Moskaus ist klar: Die ukrainische Energie-Infrastruktur zu vernichten, den Willen der Ukrainer zu brechen, Produktionskapazitäten des Landes zu zerstören. Nach wie vor gelingt es, durch die ukrainische Flugabwehr zu dringen, auch wenn sich diese im Vergleich zum Vorjahr verbessert hat. Flugabwehrsysteme wie Patriot oder IRIS-T sind in der Ukraine im Einsatz – zahlenmäßig allerdings nach wie vor zu wenige, um die gesamte zivile Infrastruktur zu schützen.

Moskau nutzt die Schwächen der ukrainischen Luftabwehr gnadenlos aus

Dazu kommt, dass einige der Systeme an die Front verlegt wurden: Denn die russischen FAB-Bomben zeigen verheerende Wirkung an der Front: Diese Gleitbomben sind im Wesentlichen konventionelle Bomben, die mit Navigationssystemen und zusätzlichen Flügeln ausgestattet sind.

Einige werden neu gebaut, andere werden allerdings günstig nachträglich mit diesen Flügeln modifiziert. Dadurch können die Gleitbomben eine weitere Strecke zurücklegen und Ziele präziser treffen als ungelenkte Bomben. Bisher konnten sie von russischen Bombern in sicherer Entfernung abgeworfen werden, ohne dass diese von der ukrainischen Luftabwehr getroffen werden konnten. Patriot und Iris-T sollten das verhindern.

Damit blieben jedoch wichtige Infrastrukturen ungeschützt. Dazu kommt, dass russische Marschflugkörper vor wenigen Wochen zwei Patriot-Startgeräte und Patriot-Raketen zerstört haben dürften. Zu guter Letzt dürfte der Munitionsmangel auch im Bereich der Luftabwehr eklatant sein. Die teuren Raketen (etwa drei Millionen Euro pro Stück) wurden bereits im Jänner bei Japan angefragt. Würde Tokio seine Raketen an Washington übergeben, könnte Washington dieselbe Anzahl an die Ukraine liefern. Noch dürfte hier nicht viel passiert sein.

Grundsätzlich wäre das Patriot-System, das bereits russische Hyperschallraketen abgefangen haben soll, eine der besten Verteidigungswaffen gegen russische Luftangriffe. Das Flugabwehrraketensystem kann bis zu fünfzig Ziele erfassen, fünf gleichzeitig bekämpfen und gilt als eines der Besten seiner Art.

Russlands Kriegswirtschaft

Vor allem gegen feindliche Kampfjets, ballistische Raketen, Marschflugkörper und Drohnen in einer Entfernung zwischen 35 und 160 Kilometern ist das Patriot-System wirksam.

Deutschland hat neben einem der Patriot-Systeme auch drei „IRIS-T SLM“ an die Ukraine geliefert 

Ein arbeitsfähiges IRIS-T-System besteht aus mindestens einem Starter mit jeweils acht Raketen, einem 360-Grad-Radar und einem Kommandomodul. Es bildet eine Schutzglocke von 25 Kilometern Höhe und 50 Kilometern Radius. Die Raketen werden senkrecht gestartet und können in alle Richtungen abgefeuert werden.

Es sind allerdings bei Weitem zu wenige, um die gesamte Ukraine abzudecken. Indes ist Russland, das auf Kriegswirtschaft umgestellt hat, laut ukrainischen Quellen in der Lage, bis zu 130 Marschflugkörper und Raketen im Monat zu Produzieren. Dazu kommt, dass sowohl Nordkorea als auch der Iran Raketen liefern könnten oder bereits geliefert haben, um die russische Feuerkraft deutlich zu erhöhen. 

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