Seit Mitte April ist deren Vize-Präsidentin Olivera Injac als erste Frau jemals Bürgermeisterin der Hauptstadt Podgorica. Nur etwas über einen Monat später wurde Jakov Milatović, ebenfalls Partei-Vize, als Staatspräsident angelobt. Er löste damit Langzeitherrscher Milo Djukanović ab, der das Land über 30 Jahre lang geprägt hatte.
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Und bei der Parlamentswahl am Sonntag holte der 35-jährige Parteichef Spajić mit etwa 26 Prozent die meisten Wählerstimmen ein und wird vermutlich Premierminister.
Für eine Partei, die erst vor einem Jahr gegründet wurde, sind das enorme Erfolge. Dabei weiß niemand so richtig, wofür die Bewegung und ihre jungen Gesichter – viele von ihnen kommen aus dem Finanz- und Wirtschaftssektor – genau stehen.
Der Name deutet auf die pro-europäische Ausrichtung hin, die die Bewegung sich auf die Fahnen geschrieben hat. Montenegro ist seit Ende 2010 EU-Beitrittskandidat, unter Milatović als Präsident und Spajić als Premier soll es nun endlich dazu kommen, so das Ziel. Realistisch gesehen dürfte es aber noch länger als die fünf Jahre dauern, die „Europa Jetzt!“ sich dafür als Zeitraum erhofft.
Gleichzeitig tritt die Partei für eine engere Beziehung zum Nachbarland Serbien ein, dessen Regierung unter anderem für seinen pro-russischen Kurs in westlicher Kritik steht. Es wird vermutet, dass Spajić mit den pro-serbischen und Pro-Kreml-Parteien koalieren könnte. Manche der pro-serbischen Kräfte wünschen sich sogar eine Wiedervereinigung Montenegros mit Serbien. Viele Montenegriner sträuben sich jedoch gegen den zunehmenden Einfluss Belgrads und der serbisch orthodoxen Kirche.
Eigentlich wollte Spajić Präsident werden
Neu wäre eine Zusammenarbeit mit serbischen Kräften für Spajić keineswegs: In der Regierung von Zdravko Krivokapić, einem serbischen Nationalisten, war er von 2020 bis 2022 Finanzminister.
Dazu kommt, dass Spajić eigentlich gern im April statt Milatović Staatspräsident geworden wäre. Er durfte aber nicht antreten, wegen seiner serbischen Staatsbürgerschaft.
Eine Regierungsbildung mit den Sozialisten, denen der im April abgewählte Djukanović angehört, schloss Spajić jedenfalls aus. Diese erreichten bei der Wahl am Sonntag 23 Prozent, Platz zwei.
So dürfte Spajić vor schwierigen Verhandlungen stehen. Experten bezweifeln, dass eine stabile Regierung zustande kommt. Dabei würden genau das sich viele in Montenegro nach fast drei Jahren Polit-Chaos – darunter zwei gestürzte Regierungen – wünschen. Frustration zeigte sich am Sonntag auch an der rekordtiefen Wahlbeteiligung von 56 Prozent, 2020 waren es noch 73.
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