„Milo, es ist vorbei“, riefen Anhänger des frisch gewählten Präsidenten Jakov Milatović am Sonntag in Podgorica. Hupkonzerte, Feuerwerke, Jubel – in der montenegrinischen Hauptstadt herrschte Ausnahmezustand, nachdem klar war: Die Ära Milo Djukanović geht nun wirklich zu Ende.
Ein historischer Moment, hat der 61-jährige Sozialdemokrat das Schicksal des kleinen Balkanlandes doch über drei Jahrzehnte maßgeblich geprägt – mal als Premierminister, dann wieder als Staatspräsident. Lange schien er in seinen hohen Positionen unantastbar, stand für die ganz großen Erfolge. Djukanović war es, der die einstige Teilrepublik Jugoslawiens 2006 mit viel Geschick in die Unabhängigkeit führte. Seine Antwort auf diese Mammutaufgabe?
Ein außenpolitischer Schlingerkurs, mit dessen Hilfe er es sich selbst mit dem besitzergreifenden Serbien nicht verscherzte. Und elf Jahre später trat Montenegro unter Djukanović der NATO bei.
Mit diesen Meilensteinen wird der Politiker nach seinem Abgang in Erinnerung bleiben. Aber nicht nur: Auch der bittere Beigeschmack jahrelanger Korruptionsvorwürfe dürfte bleiben.
Eine Nähe zum Organisierten Verbrechen wird ihm ebenso zugeschrieben. Eine der schwerwiegendsten Anschuldigungen: Ende der 90er sei Djukanović in Zigarettenschmuggel nach Italien verwickelt gewesen.
Ein pro-westlicher Gauner?
Florian Bieber von der Universität Graz behält die ambivalente Person Djukanović jedenfalls problematisch in Erinnerung: „Das Argument, er mag ein Gauner sein, aber wenigstens ist er pro-westlich, ist ein klassisches gegen die Demokratie“, äußerte sich der Südosteuropa-Experte am Montag auf Twitter.
Dass die Montenegriner sich nach so langer Zeit einen neuen Akteur an der Spitze ihres Landes wünschten, zeigten die Ergebnisse der Stichwahl am Wochenende deutlich. Sieger Milatović steht für einen Generationenwechsel – als Djukanović zum ersten Mal Premier wurde, war Milatović gerade mal fünf Jahre alt. Am Sonntag erhielt der heute 36-Jährige rund 60 Prozent der Wählerstimmen.
EU-Beitritt, so rasch wie möglich
Der Ökonom, ein Absolvent der britischen Elite-Universität Oxford, trat für die noch junge und ebenfalls pro-westliche Partei „Europa Jetzt!“ an. Wie der Name schon sagt, will die Bewegung den EU-Beitritt so rasch wie möglich. Milatović spricht von einem Zeitraum von fünf Jahren – in Wahrheit dürfte es wohl noch länger dauern.
Und auch wenn der dreifache Vater als politisch weitestgehend unbeschriebenes Blatt gilt, hagelte es nach seiner Wahl internationale Kritik an ihm. Denn Milatović wird von den pro-serbischen sowie pro-russischen Kräften im Land unterstützt.
Auch eine Nähe zur aus Belgrad gelenkten serbisch-orthodoxen Kirche wird ihm nachgesagt. Bezeichnend dafür gingen nach der Wahl von Podgorica aus Videos um die Welt, in denen haufenweise serbische Flaggen geschwungen wurden.
Auch Experte Bieber ist besorgt über den serbischen Nationalismus in der Region, wie er schreibt. Laut ihm geht es aber zu weit, Milatović als serbischen Handlanger zu bezeichnen – dafür gebe es derzeit keine überzeugenden Beweise.
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