Eine von ihnen ist Leila. Die zierliche 18-Jährige arbeitet über die Sommerferien in einem Weingut im kleinen Dorf Puhoi, 30 km von Chisinau. Gibt es etwas zu tun, ist sie sofort zur Stelle: Sie serviert Fleischplatten, schenkt Rotwein nach. Sind alle versorgt, setzt sie sich auf einen Sessel im Eck und starrt ins Leere.
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Ihre Eltern arbeiten in Moskau. Viel Kontakt hat sie nicht zu ihnen, erzählt sie. Die junge Frau lebt bei ihrer Großmutter. Wie es ihr damit geht? „Ich bin es ja gewohnt“, sagt sie nur und zuckt mit den Schultern. Wenn sie in einem Jahr mit der Schule fertig ist, wird Leila vermutlich irgendwo in Moldau studieren.
Viel lieber würde sie in die USA auswandern: „Das klingt vielleicht blöd, aber ich will für die NASA arbeiten und einen netten Amerikaner heiraten.“ Bisher habe sie jedoch nur in Geschichten gehört, dass so ein Leben möglich sei.
Wie so viele würde sie Moldau wegen der Armut verlassen. Es gibt kaum Jobs, schon gar keine guten. Die malerische Landschaft reicht nicht, um Junge hierzubehalten: „Hier ist es schön, sonst nichts.“
Diese Perspektivenlosigkeit ist bei Begegnungen mit der Moldauer Landbevölkerung oft spürbar. Am meisten schmerzt sie vielleicht jene, die ihre Heimat am meisten lieben. „Unser Dorf könnte das beste in ganz Moldau sein“, sagt Mădălina seufzend. Sie ist nur ein Jahr jünger als Leila, lebt im 45 Autominuten entfernten Selemet. Doch Mădălina will hierbleiben, nennt sich eine Patriotin.
Sie arbeitet in einem Gästehaus. Begrüßt sie Besucher, strahlt sie. In ihrer traditionell moldauischen Kleidung scheint sie sich wohlzufühlen. Und wenn sie einen Volkstanz tanzt, sieht es nach Spaß aus.
Ihr Gesichtsausdruck nimmt aber manchmal auch Züge an, die man eher von jungen Eltern gewohnt ist: sich der Verantwortung bewusst, aber noch leicht unsicher. Denn das Haus, in dem sie arbeitet, heißt „La Mădălina“. Ihre Mutter hat es vor drei Jahren für die Tochter eröffnet: „Damit ich einen Grund habe, hierzubleiben“, sagt das Mädchen, das später die Leitung übernehmen soll.
Gründe zum Bleiben geben
Selemet ist eine Gemeinde, der es relativ gut geht. Hier hat nur etwa die Hälfte der 3.500 Einwohner – ein Viertel lebt im Ausland – keinen Wasserzugang. Das liegt auch an Bürgermeisterin Tatiana Badan. Sie will die Menschen zum Bleiben motivieren. So setzte sie sich für eine Freiwillige Feuerwehr ein, die es dort nun seit 2018 gibt. Schnell war klar, dass es dabei um mehr als das Feuerlöschen geht. „Die Gemeinde ist jetzt stärker vernetzt“, erzählt ein Mitglied.
Ausrüstung und Unterstützung kommt aus dem Ausland. Gemeindebünde und NGOs aus beispielsweise Österreich, der Schweiz oder Norwegen sind in Ortschaften in ganz Moldau aktiv. So kann es sein, dass in einer kleinen Garage in der moldauischen Pampa neben einem alten Feuerwehrauto aus Sowjetzeiten auch eines mit der Aufschrift „Kleinwalsertal“ steht.
Feuerwehren, Musikkapellen, Tanzkurse – was die Leute zusammenbringt, hält sie vielleicht hier, so der Gedanke in immer mehr Gemeindebüros. Die Bevölkerung soll die Dinge selbst in die Hand nehmen, anstatt darauf zu warten, dass jemand in Chisinau sich ihrer zahlreichen Probleme annimmt.
Mădălina wünscht sich, dass das funktioniert. Ihr kommen die Tränen, als sie sagt: „Wenn die Menschen zurückkämen, wäre Selemet ein großartiger Ort.“
Und Leila, die in die USA auswandern will? Was wünscht sie sich? „Dass Moldau so schön bleibt.“ Auch dann, wenn sie weg ist.
Die Reise kam in Kooperation mit dem Österreichischen Gemeindebund zustande.
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